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Frie­dens­ge­bet 24. April

Ökumenisches Montagsgebet am Montag, dem 24. April 2023 als PDF zum Download von  Hans-Bernd Serries

  1. Starrt nicht in den Himmel
    Aus der Apostelgeschichte
    Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde. Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken. Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, siehe, da standen zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? (Apg 1,8-11a)

Starrt nicht in den Himmel. Es ist fruchtlos, den Blick von der Erde abzuwenden. Zur Erinnerung daran wird noch heute im Boden der Himmelfahrtskapelle auf dem Ölberg in Jerusalem der Fußabdruck Jesu in einem Stein verehrt. In der Nachfolge Jesu, gewissermaßen in seinen Fußspuren, suchen wir die entrechteten Menschen und die, die der Aufmerksamkeit, Zuwendung und Unterstützung bedürfen. Immer. Irgendwo stehen die Menschen im Mittelpunkt, die ihre Heimat und ihre Familien verlassen, um in der Fremde für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die Fußball-WM des vergangenen Jahres in Katar hat hier punktuell für Aufmerksamkeit gesorgt: Selbst der Generalsekretär des Organisationskomitees hat eingeräumt, dass geschätzt mindestens 400 bis 500 ausländische Arbeiter auf den Baustellen der Stadien ums Leben gekommen sind. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO geht weltweit von etwa 170 Millionen Menschen aus, die sich zumeist in befristeten, informellen oder ungeschützten Arbeits- oder sogar in rechtsfreien Ausbeutungsverhältnissen befinden. Sie sind unsere Schwestern und Brüder.

Gebet
Gott, schenke uns den Geist der Wahrheit! Du hörst den Schrei der Unterdrückten und siehst all die Ungerechtigkeit, die Menschen erleiden. Lass nicht zu, dass wir den Blick abwenden von dieser Erde! Rühre uns an, dass auch wir hören, sehen und begreifen, was unseren Schwestern und Brüdern angetan wird. Hilf uns, in der Nachfolge Jesu denen beizustehen,
die keinen menschlichen Beistand haben.

  1. Seid offen für Fremde
    Aus dem Buch Rut
    Zu der Zeit, als die Richter regierten, kam eine Hungersnot über das Land. Da zog ein Mann mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen aus Betlehem in Juda fort, um sich als Fremder im Grünland Moabs niederzulassen. Der Mann hieß Elimelech, seine Frau Noomi und seine Söhne hießen Machlon und Kiljon; sie waren Efratiter aus Betlehem in Juda. Als sie im Grün-land Moabs ankamen, blieben sie dort. (Rut 1,1f)

Die alttestamentliche Erzählung von Noomi und ihrer aus dem Land Moab stammenden Schwiegertochter Rut ist auch eine Geschichte der Migration und Integration. Noomi kehrt nach dem Tod ihres Mannes und ihrer Söhne zusammen mit Rut aus Moab nach Betlehem zurück. Rut heiratet in dem Land, wo sie eine Fremde ist, einen einheimischen Mann. Sie wird später die Großmutter des Königs David und damit eine Stammmutter Jesu werden. Das ist ein schönes Bild dafür, was an guten Früchten entstehen kann, wenn wir uns für Menschen aus zunächst fremden Völkern öffnen.
Mit der Agenda 2030, die im Jahr 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde, hat sich die Weltgemeinschaft 17 Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen. In der entsprechenden Resolution wird explizit auf den positiven Beitrag von Migrantinnen und Migranten zu inklusivem Wachstum und nachhaltiger Entwicklung hingewiesen. Internationale

Migration sei von großer Bedeutung für die Entwicklung der Herkunfts-, Transit- und Zielländer. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verpflichten sich zur internationalen Zusammenarbeit, um „eine sichere, geordnete und reguläre Migration zu gewährleisten, bei der die Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden und Migranten, ungeachtet ihres Migrationsstatus, Flüchtlinge und Binnenvertriebene eine humane Behandlung erfahren.“

Gebet
Komm, du Geist der Verbundenheit! Du bist der göttliche Lebensatem jedes Geschöpfes. Schließe alle Menschen, die wir durch gemeinsamen Ursprung verbunden sind, in Frieden zu einer Familie zusammen und vereine uns in geschwisterlicher Liebe.

  1. Bemüht euch um Einheit
    Aus dem Johannesevangelium
    Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir. (Joh 17,11)

Wir sind nicht eins, noch nicht: Menschen erleben und erleiden, dass sie betrogen und ausgebeutet werden, wo sie die fremde Sprache nicht verstehen, wo sie ihre Rechte nicht kennen, wo sie auf den guten Willen anderer angewiesen sind. Das Bundeskriminalamt nennt die Bereiche, in den die häufigsten Fälle von Ausbeutung und illegalen Beschäftigungsverhältnissen ausländischer Arbeitskräfte in Deutschland aufgedeckt wurden: Baugewerbe, Gastronomie, Landwirtschaft, Schlachtbetriebe. Die Menschen, die in diesen Bereichen in Deutschland schuften – schlecht bezahlt, nicht sozialversichert und menschenunwürdig untergebracht – kommen zumeist aus den Ländern Osteuropas. Und sie ermöglichen deutschen Verbrauchern preiswerten Spargel, billige Schnitzel, günstige Erdbeeren und vieles mehr. Dagegen lautet Gottes Gebot im Buch Levitikus: „Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen.“ [Lev 19,33f]

Gebet
Komm, du Geist der Einheit! Du willst die Glaubenden verbinden zum gemeinsamen Streben nach dem Reich Gottes. Gib uns die Bereitschaft, die Würde aller Menschen zu achten und lass uns eintreten für Solidarität und die Gerechtigkeit, die wahren Frieden schafft.

  1. Denkt an die Zurückgelassenen
    Aus dem Psalm 137
    An den Strömen von Babel, da saßen wir und wir weinten, wenn wir Zions gedachten. An die Weiden in seiner Mitte hängten wir unsere Leiern. Denn dort verlangten, die uns gefangen hielten, Lieder von uns, unsere Peiniger forderten Jubel: Singt für uns eines der Lieder Zions! Wie hätten wir singen können die Lieder des Herrn, fern, auf fremder Erde? Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem, dann soll meine rechte Hand mich vergessen. (Ps 137, 1-5)

Heimweh nach Jerusalem war der Schmerz der Israeliten im Exil. Heimweh nach ihren Familien und Sehnsucht nach ihren Kindern ist der Schmerz so vieler osteuropäischer Mütter und Väter, die in Westeuropa, etwa in Deutschland arbeiten. Viele Gründe verhindern, dass Eltern ihre Kinder mit ins Ausland nehmen. Was macht es mit Kindern und Jugendlichen, wenn sie jahrelang die meiste Zeit unter der Aufsicht von Großeltern oder Nachbarn aufwachsen? Wie geht es den Kindern der Frau aus Polen oder Bulgarien, die in Deutschland rund um die Uhr die Betreuung pflegebedürftiger Menschen gewährleistet? Und wer kümmert sich um die alte Mutter des Mannes aus Rumänien, der in einem Schlachthof im Akkord Tierhälften zerlegt? In der Republik Moldau etwa arbeitet nach Berechnungen der Weltbank rund ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung im Ausland. In Bulgarien und Albanien sind ganze Dörfer verlassen. Schulen und Geschäfte müssen schließen, weil nur noch wenige Menschen da sind. Aus Polen sind dramatisch viele junge Ärzte in den Westen abgewandert. Im Kosovo finden Unternehmer keine Arbeitskräfte mehr, weil die jungen Leute abgewandert sind. So kommen Gemeinwesen und ganze Volkswirtschaften an ihre Grenzen – trotz des enormen Geldzuflusses aus dem Ausland. Auch in Anbetracht der Leere im Herzen von Menschen, die getrennt von ihren Lieben leben und arbeiten, stellt sich die Frage: Können selbst ein wertvoller Dienst in der Fremde und ein hoher Lohn im Ausland die Lücke ausgleichen, die Menschen in ihrer Heimat hinterlassen?

Gebet
Komm, du Geist der Geborgenheit in Gott! Du bist der Trost der Menschen, die unter dem Schmerz der Trennung von ihren Familien und Freunden leiden. Wie ein kleines Kind bei der Mutter wird unsere Seele still in dir. Behüte die Verlassenen, stärke die Traurigen und lass nicht zu, dass uns das Schicksal anderer gleichgültig ist.

  1. Seid barmherzig
    Aus dem Matthäusevangelium
    Am Ende der Zeit wird der König sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten: Wann, Herr? (nach Mt 25,34-37)

Wir tun dem Evangelium wohl kein Unrecht, wenn wir ergänzen: „Ich habe keine Arbeit gefunden und konnte meine Kinder nicht ernähren – und ihr habt mich aufgenommen und mir ein Einkommen ermöglicht.“ Jesus fordert Einsatz und Dienst, ja Liebe, nicht für sich selbst, sondern vorrangig für die, die als unsere Schwestern und Brüder auf unsere tatkräftige Zuwendung angewiesen sind. Das ist der wahre Gottesdienst, wie ihn im Gleichnis des Lukasevangeliums [Lk 10,30-35] auch der barmherzige Samariter gefeiert hat. Wir wissen, wie die Worte Jesu im Evangelium weitergehen: Der König sagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Das bedeutet, wir können Gott gar nicht anders dienen als durch den Dienst an unseren Mitmenschen. Zweimal erinnert Jesus im Matthäusevangelium an Gottes Mahnung „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“ [Mt 9,13; 12,7 vgl. Hos 6,6].

Gebet
Komm, du Geist der Liebe! Du bist der göttliche Atem in uns. Lass uns begreifen, dass wir den unsichtbaren Gott nicht lieben können, ohne den sichtbaren Mitmenschen zu lieben. Schenke uns ein weites Herz, tatkräftige Hände und die Bereitschaft zum Engagement für unsere benachteiligten Schwestern und Brüder.

  1. Erneuert euer Herz

Aus dem Buch Deuteronomium
Ihr sollt die Vorhaut eures Herzens beschneiden und nicht länger halsstarrig sein. Denn der Herr, euer Gott, ist der Gott über den Göttern und der Herr über den Herren. Er ist der große Gott, der Held und der Furchterregende. Er lässt kein Ansehen gelten und nimmt keine Bestechung an. Er verschafft Waisen und Witwen ihr Recht. Er liebt die Fremden und gibt ihnen Nahrung und Kleidung – auch ihr sollt die Fremden lieben, denn ihr seid Fremde in Ägypten gewesen. (Dtn 10,16-19)

Die meisten von uns haben die Erfahrung, in der Fremde zu sein, schon am eigenen Leib erlebt oder erlitten – sei es aus persönlichen oder beruflichen Gründen, im Urlaub oder bei internationaler Zusammenarbeit: Wir standen vor den Schwierigkeiten, der Ausländer oder die Ausländerin zu sein, und haben gespürt, wie wichtig es ist, von anderen gut aufgenommen, akzeptiert und unterstützt zu werden. Wir haben erlebt, wie mühsam es ist, wenn man den Einheimischen nicht sagen kann, was man braucht oder denkt, wie schwierig, nicht zu wissen, wie wir uns angemessen verhalten sollen, wie belastend, wenn das Heimweh immer stärker wird. Mehrfach erinnert Gott sein Volk, die Israeliten, an die Erfahrungen, die sie als Fremde in Ägypten gemacht haben. Solche Erinnerungen helfen auch uns, uns besser einfühlen und unser Herz für aus dem Ausland stammende Menschen öffnen zu können. Gott hat die Herzen der Auserwählten immer erneuert und erneuert sie bis heute. Gott ruft sein Volk auf, „das Herz zu beschneiden“, d. h. den Bund, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat, nicht nur äußerlich, sondern auch mit ganzem Herzen zu leben und dieses Herz empfindsamer zu machen. Denn nur dann, wenn die Kinder Gottes ihr Herz erneuern, können sie sich an der Fülle der Liebe erfreuen, zu der Gott uns einlädt. Gott, der Schöpfer aller Menschen, liebt auch die Fremden. Wem es gelingt, sein Herz im Glauben zu öffnen und zu erneuern, der erkennt in den Fremden Schwestern und Brüder. Er zeigt Mitgefühl und Liebe und kämpft gegen Unrecht und für ein geschwisterliches Zusammenleben.

  • An dieser Stelle ist auch wieder Gelegenheit zur persönlichen Bitte, zum Dank …

Gebet
Komm, du Geist der Geschwisterlichkeit! Du lebst und betest in allen Menschen. Lass uns erkennen, dass wir einander nicht fremd, sondern alle Kinder des himmlischen Vaters und somit Geschwister sind. Du machst uns Mut, nicht das Trennende zu suchen, sondern die Eintracht. Und so vollende an uns und durch uns das gute Werk, dass du in uns begonnen hast.

  1. Fürchtet euch nicht
    Aus dem Buch Genesis
    Der Herr sprach zu Abram: Geh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. (Gen 12,1f).

An zentraler Stelle der Heiligen Schrift wird deutlich: Abrahams Weg wird für ihn und für viele Menschen zum Segen. Gott verheißt Gutes, Fruchtbarkeit und Leben, sein Heil für viele Menschen. Wegen der im Vergleich zu früheren Zeiten erleichterten Mobilität und neuer Möglichkeiten sehen wir heute große Bewegungen von Menschen von einem Ort zum anderen. Ganze Völkerwanderungen kommen in Gang infolge von Kriegen, wie wir ihn immer noch in der Ukraine erleben müssen, aber auch in anderen Regionen, infolge von gewaltsamen Auseinandersetzungen, korrupten Regierungen und den Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels. So haben wir es an vielen Orten, insbesondere in Großstädten, mit kulturell vielfältigen, multiethnischen und multireligiösen Gesellschaften zu tun. Diese Situation führt leicht zu Spaltungen – in Einheimische, die Angst vor Ausländern haben, und Ausländer, die Angst vor Einheimischen haben. Oft werden die jeweils anderen dann eher als Gefahr und Bedrohung denn als Segen wahrgenommen. Als Christen, die gemeinsam mit den Juden und den Muslimen Abraham als Stammvater des Glaubens verehren, sollten wir nicht nur Gefahren von „Überfremdung“ oder „nationalem Identitätsverlust“ befürchten, wenn Menschen anderer Herkunft in unser Land kommen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus anderen Ländern nehmen in der Regel niemandem Arbeitsplätze weg – jedenfalls in Deutschland nicht. Sie stärken vielmehr die Wirtschafts- und Sozialsysteme der Zuwanderungsländer, gerade dort, wo sie aus eigenen Kräften schwerlich aufrechterhalten werden können. Und sie weiten unseren gemeinsamen Horizont, indem sie uns andere Speisen, Kulturen, Traditionen und Werte zeigen. Wir können mögliche Begrenztheiten unserer bisherigen Vorstellungen erkennen und sehen, wie reich das Leben auf dieser Erde sein kann.

Gebet
Mit Worten des 147. Psalms beten und danken wir: Gut ist es, unserem Gott zu singen und zu spielen, ja, schön und geziemend ist Lobgesang. Der HERR baut Jerusalem auf, er sammelt die Versprengten Israels. Er heilt, die gebrochenen Herzens sind, er verbindet ihre Wunden. Jerusalem, rühme den Herrn! Lobe deinen Gott, Zion! Denn er hat die Riegel deiner Tore festgemacht, die Kinder in deiner Mitte gesegnet. Er verschafft deinen Grenzen Frieden, er sättigt dich mit bestem Weizen. (Ps 147,1-3, 12-14)

Vaterunser

Segen

„Verleih uns Frieden gnädiglich“ (GL 475)