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Frie­dens­ge­bet 23. Ja­nu­ar

Ökumenisches Montagsgebet am Montag, dem 23. Januar 2023 als PDF zum Download von  Christa Liedtke

Herzlich willkommen zum Montagsgebet – hier im Dom, wie auch zu Hause.
Gemeinsam tragen wir unsere Gedanken vor Gott.
Es gilt Jesu Einladung, ihm auf dem Weg zum Leben nachzufolgen, an der Vision vom Frieden für alle festzuhalten, im anderen den Menschen zu sehen und unter diesen Aspekten immer wieder die Handlungsoptionen zu bestimmen. Der Weg bleibt ein Ringen um Wahrheit, um Kraft zur menschenfreundlichen Tat, um Achtung vor dem Leben anderer, um die Frage, wie Macht und gegenseitiges Vertrauen in eine gute Balance kommen können.

Ein Wort aus dem Hebräerbrief möchte ich über alle Gebetsanliegen des heutigen Gebetes stellen.

„Darum werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“ (Hebräer 10,35)

Wir sind hier als Kinder Gottes, als Menschen,
die Gott in allen Vollzügen des Lebens vertrauen wollen,
die in Jesus Christus ihren Helfer und Heiland und Wegbegleiter sehen,
die darauf vertrauen, dass der Heilige Geist immer wieder Verstehen und Entscheiden und Handeln lenkt,
auf dass Gottes Reich, sein Frieden und damit das Wohlergehen aller Kreatur Raum gewinnen auf dieser Erde.
So sind wir versammelt
In Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Denn unsere Hilfe steht im Namen des HERRN,
der Himmel und Erde gemacht hat.

  1. Wir zünden die erste Kerze an – und denken daran, dass in dieser Woche (am 27.01.) der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust und des 78. Jahrestages der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945 ist. Wir gedenken der ermordeten Juden Europas, der Sinti und Roma und aller anderen Menschen, die der nationalsozialistischen Willkürherrschaft zum Opfer fielen. – Nie wieder sollen solche Gräueltaten geschehen. Wir hoffen, dass das Gedenken an die Opfer, den Hinterbliebenen und den Überlebenden ein wenig Trost gibt: wir vergessen sie nicht. Und wir hoffen, dass das Erinnern an das, was Menschen anderen Menschen antaten, und das Aufarbeiten der Hintergründe ein Beitrag ist, dass das „nie wieder“ Wirklichkeit wird.

„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

Stille
Gott wir bitten Dich, halte die Opfer der nationalsozialistischen Grauen als Deine Kinder an Deinem Herzen. Lass sie niemals los, umhülle sie. Lass uns lernen aus dem Gebet deiner jüdischen Gemeinde: Der Ewige ist unser Gott, der ewige ist einzig. Und gieße allen Menschen dieser Welt ins Herz die Erkenntnis: „Du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele und deiner ganzen Kraft.“ Dies sei unser Ein- und Ausatmen Tag für Tag.  

  1. Wir zünden die zweite Kerze an – und denken an die Lehrer/-innnen, Schüler/-innen, Eltern, die Schulgemeinschaft in Ibbenbüren, die durch den tödlichen Messerangriff eines Schülers gegen eine Lehrerin aus der Bahn geworfen sind. Auch eineinhalb Wochen nach der Tat bleibt es unbegreiflich, dass ein junger Mensch in seiner Wut und seiner Verachtung so weit geht. Man kann den Eindruck gewinnen, dass noch nie an Schulen so viel getan wurde, um Gewalt zu verhindern – und mit einer Tat scheint offenbar zu sein, dass alles umsonst ist.
    Wir schauen auf Christus am Kreuz mit unseren Gedanken, Fragen und Gefühlen. Wir wissen unsere traurige Wut bei ihm geborgen und bitten um Geduld für Schritte zu einem neuen Leben.

„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

STILLE

Barmherziger Gott, hilflos, wütend, verzweifelt stehen wir einer solchen Tat gegenüber. Unser Vertrauen ist angekratzt. Gib uns Geduld, lass uns nicht aufhören immer neu mit Kindern und Jugendlichen daran zu arbeiten, dass Gewalt kein Weg ist. Lass uns üben, Konflikte nicht zu verschweigen, sie anzusprechen, aber sie auch an manchen Stellen auszuhalten. Sei bei allen, die nun aufgewühlt sind an jedem Tag, den sie zur Schule gehen, erwecke neues Vertrauen. Schenke allen, die wütend sind, die Kraft zur Besonnenheit aus dem Respekt vor dem Leben, aus dem Respekt vor Dir, dem Herrn allein. Hilf uns allen zu einer Haltung der Dankbarkeit gegenüber dem, was Du gibst. Lass daraus Visionen wachsen, die uns zu einem Leben in gegenseitiger Anerkennung der Person führen.

  1. Wir zünden die dritte Kerze an. Nein, es ist noch kein Ende in Sicht für den Krieg in der Ukraine. Noch immer fürchten Kinder wie Erwachsene sich des Tags und zittern in der Kälte der Nacht, wenn sie die Geräusche des Krieges, Sirenen, entfernte Kämpfe und plötzlich einschlagende Geschosse hören. Es zeigt sich, dass neben der großen inneren Stärke, dem Angriffskrieg zu widerstehen, die menschliche Schwachheit doch auch noch keimt und Korruption selbst jetzt nicht tabu ist.
    Geflüchtete fragen sich in einem fort, wie es ihren Angehörigen zu Hause geht, machen sich Gedanken, wo die Zukunft für ihre Kinder sein kann.
    Wir schauen auch nach Russland, wo staatliche Propaganda die Sinne lähmt, eine freie Meinungsäußerung lebensgefährlich geworden ist, vieles im Alltag einbricht. Wir hoffen auf starke Menschen wie Nawalny und seine Freunde, die nicht aufhören, Putin und seinem Regime etwas entgegenzusetzen.
    Wir schauen auf unser Handeln: wir senden Hilfslieferungen, wir senden Waffen, wir sind gewiss, dass es auch Gespräche gibt auf diplomatischer Ebene, wir gehen um mit den noch vergleichsweise kleinen Einschränkungen, die dieser Krieg mit sich bringt – und widerstehen dem Gefühl der Hilflosigkeit, trotz aller Traurigkeit im Herzen.

„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

STILLE

Gott, der Du Böses und Gutes kennst, wir bringen vor Dich das Leid der Menschen, die unter Krieg, Verfolgung und Flucht leiden. Wir bitten dich: Sei bei denen, die sich fürchten, die nicht ein noch aus wissen, die vor Sorge vergehen. Tröste mit Deiner Gegenwart, gib Friedens ins Herz, wo der Hass tobt. Sei bei allen, die Hilfe leisten, hier, aber auch vor Ort wie z.B. Freundinnen und Freunden im Haus Tabitha in der Slowakei. Hilf uns, mit langem Atem solidarisch zu sein mit den Leidenden in der Ukraine mit allem, was uns zur Verfügung steht. Lass uns die nicht vergessen, die an anderen Orten der Welt unter Gewalt zu leiden haben. Stoppe die verirrten Gedanken aller, die in irgendeiner Weise meinen, dass dieser und irgendein Krieg gerechtfertigt sei. Lass uns Wege zum Frieden finden.

  1. Wir zünden die vierte Kerze an und denken an die Menschen, die durch die zunehmende Gewalt im Bereich von Banden und Drogenkartellen bedroht sind. Was wir in Kolumbien und Mexiko inzwischen fast als gegeben hinnehmen, dass täglich Menschen verschleppt oder ermordet werden im Bannkreis der Drogenkriminalität, das nimmt auch in Europa Einzug. Antwerpen hat Rotterdam abgelöst als größter Drogenumschlagplatz, unverhohlen wird Gewalt ausgeübt am helllichten Tag gegen Journalisten, Anwälte, Politiker, Menschen ohne Ausnahme, die holländische Kronprinzessin wird in den Hausarrest gezwungen. Die immer größeren Mengen an durch Polizei und Zoll gefundenen Drogen sind leider weniger Erfolg als Problemanzeige.
    Ob es uns gefällt oder nicht: der Respekt vor der Person wird uns an dieser Stelle nicht davon abhalten dürfen, ganz klar und deutlich und mit allen Mitteln des Rechtsstaates dem Tun dieser Banden und Kartelle entgegenzuhalten und uns nicht Bange machen zu lassen.
    Und auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass dieser Markt ganz auszutrocknen ist, müssen wir uns auch fragen, wie wir Menschen aus dem Bannkreis der Drogen befreien können.

„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

STILLE

Barmherziger Gott, wir bringen vor dich die Gewalt auf dieser Welt, die durch Banden ausgeübt wird, oft im Zusammenhang mit dem Handel von Drogen und mit der Gier nach Macht und Geld. Lass die Staaten zusammenstehen und gemeinsam gegen diese brutale Gewalt angehen. Hilf uns auch, daran zu arbeiten, dass das Leben in unserer Gesellschaft nicht so ist, dass viele meinen, es nur mit Einsatz von Drogen bestehen zu können. Schenke eine klare Sicht für das, was zählt und lass uns mutig wie auch phantasievoll dafür eintreten.

  1. Wir zünden die fünfte Kerze an – und denken an den Protest und die Diskussion um die Energieformen, die wir künftig nutzen wollen und um unseren Umgang mit unserem verletzlichen Planeten Erde, die im Zusammenhang mit der Besetzung von Lützerath auch in ihrer Emotionalen Tragweite wieder deutlich geworden sind. Es ist ein Ringen um Wahrheiten, um gangbare Wege und um Tabus, die unsere Geduld miteinander auf eine harte Probe stellt. Wir sind wohl alle froh, dass die Gewalt einigermaßen im Rahmen blieb, doch wir wissen auch, dass noch manches auf uns zukommen wird, wenn diese Erde ein guter Ort für alle werden soll.

„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

Stille

Gott, Schöpfer allen Lebens, wir bringen vor Dich unsere Sehnsucht nach einem Leben, das nicht ängstlich hortet und immer noch mehr will, sondern sinnvoll nutzt, zukunftsorientiert haushaltet und auf das Wohlergehen aller bedacht ist. Schenke Vertrauen, das du gibst, was wir brauchen, und Mut zu teilen und Weitblick für eine Gesellschaft, in der wahrhaftig nach  

Antworten gesucht wird und Bürger, Politik, Wirtschaft und Industrie an einem Strang ziehen in dem Bestreben, Deine Schöpfung zu bewahren zum Wohlergehen aller.
Gott, Schöpfer allen Lebens, wir bringen vor dich diese geschundene Erde - und alle, die auf ihr hungern und dürsten nach dem Nötigsten zum Leben. Wir bitten dich um Erbarmen und um den ernsthaften Willen, etwas zu ändern an den Strukturen, die zu diesem Leid führen, an dem wir mit schuldig sind. Gib uns Kraft, aufmerksam hinzuschauen und Entschlossenheit, unseren kleinen Beitrag im privaten Handeln ebenso zu leisten, wie die Diskussion um zukunftsfähige Lösungen auf gesellschaftlicher Ebene zu Ergebnissen zu führen. Lass uns nicht resigniert wegschauen, sondern den neuen Weg des Lebens mit guter Hoffnung angehen. Amen.

  1. Wir zünden die sechste Kerze an für Anliegen, die jetzt aus unserer Mitte kommen oder in der Stille vor Gott getragen werden.
    Das Mikrophon ist aufgebaut und jede/r, der etwas sagen möchte, ist herzlich eingeladen, es mit uns hier in der Kirche zu teilen und vor Gott zu bringen. – Oder es in diesem Moment zu Hause Gott ans Herz zu legen.

Wir halten einen Moment der Stille und gedenken. STILLE

Gott, alle Güte nimm unsere stillen Gedanken an. Das, was wir noch nicht klar genug sagen können; das, was wir nicht laut sagen mögen, Dir aber anvertrauen, weil Du hörst, was wir nur stammeln, weil du in Wirkung setzt, was wir noch träumen, weil du Leben schenkst über Gewalt und Tod hinaus. Wir vertrauen uns dem Ruf des Hebräerbriefes an:


„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

  1. Wir zünden die siebte Kerze an - und wir danken Gott für alle Freundlichkeit, tatkräftige Hilfsbereitschaft und professionelle Hingabe, die jeden Tag und jede Nacht rund um den Erdball geschieht.
    Wir danken auf für jene, die sich jeden Tag ehrenamtlich mit viel gutem Willen und mit aller Kraft und Fähigkeit dem Alltag in guter Weise stellen, die zuhören und trösten; die ihre Arbeit stehen und liegen lassen, um im wichtigen Moment da zu sein. Wir danken für diejenigen, die beruflich alles geben, damit es anderen wieder gut geht; die sich nicht vom Zweifel übermann lassen, sondern sich aufraffen und öffentlich einbringen, damit die Hoffnung wächst und Trost die Herzen erfüllt, die den Ruf leben:

„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“

STILLE

Gott, gütiger Vater, tröstender Bruder, bewegender Geist, wir danken Dir für jeden Menschen, der sein Vertrauen nicht wegwirft, sondern zuversichtlich mit Kraft, Liebe und Besonnenheit sich einsetzt für die Menschen auf Deiner Erde und den Frieden in der Welt im Vertrauen auf Dich – so wie Jesus es getan hat. Ihm wollen wir nachfolgen. Vielleicht so, wie es der Hebräerbrief beschreibt: wir wollen festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn Christus ist treu, der sie verheißen hat. Dabei wissen wir, dass der Glaube eine feste Zuversicht ist auf das, was man hofft und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.  

In Jesu Namen beten wir:

Vater unser
Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen
Gesegnet seine Deine Wege, der Tag erhelle Dein Gesicht.
Ein frischer Wind Dein Herz bewege, es segne Regen Dich und Licht.
So segne dich der ewige Gott als Vater im Sohn durch den Heiligen Geist. Amen.

Lied: Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsren Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten; denn du, unser Gott alleine.