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Friedensgebet 20. März

Ökumenisches Montagsgebet am Montag, dem 20. März 2023 als PDF zum Download von  Renate Langenheder

Gottes Frieden sei mit uns. Seine Ruhe. Seine Kraft.
Ein herzliches Willkommen zu unserem Montagsgebet allen, die hier sind und allen, die sich uns verbunden fühlen in der Nähe und in der Ferne.

War nicht gerade erst Weihnachten?
Schon sind wir mitten in der Passionszeit.
Die Zeit fliegt. So ist mein Gefühl.
Was ist schon ein Tag, eine Woche, ein Monat, ein Jahr?
Die Zeit fliegt und wir fliegen mit.

Unsere Mütter und Väter im Glauben hatten die Chance,
in der fliegenden Zeit noch geflügelte Wesen zu entdecken: Engel
Sie füllten den leeren und bisweilen nachtdunklen Raum, der uns umgibt, mit der ernsten Zugewandtheit aus einem engelsgleichen Antlitz.
Aus der unmittelbaren Wirklichkeit Gottes kommend,
suchten sie -die Engel - hin und wieder Menschen auf,
überbrachten unabweisbare Nachrichten.

Seit Jahren lese ich fast täglich eines von 366 Gedichten,
die unterschiedlichsten Engelserfahrungen gewidmet sind.
Jedem Tag des Jahres ist jeweils ein Gedicht zugeordnet.
Auf der Suche nach Haltepunkten in der forteilenden Zeit
habe ich uns 6 Gedichte der letzten 2 Monate ausgesucht,
um den vergangenen und gegenwärtigen Momenten noch einmal
Gewicht zu geben, Engelsgewicht.

Wir entzünden die 1. Kerze.
Ich lese ein Gedicht von Rose Ausländer

Im Schneehemd
fallen flüchtende Engel
aus den Wolken

Wir schwimmen im Strom
ihrer gebrochenen Flügel
Eistränen
auf den Wimpern

Der Wind
bläst die Posaune  

Fliehen die Engel vor uns?
Haben sie sich aufgelöst in die wirbelnden Schneeflocken,
die vom Himmel fallen?
Krallen sie sich fest als Eistränen auf unseren Wimpern?
Zeigen sie uns so, was wir vermissen, schmerzlich vermissen - ihre ernst schöne Gestalt ! ?
Ihre unabweisbare Nachricht!?

Welcher Wind bläst die Posaune in unserer Gegenwart?

Stille

Wir entzünden die 2. Kerze

Ich lese ein Gedicht von Christine Lavant

In der Regenrinne badet ein Vogel,
in verlassenen Augen der weiße Mond,
wenn sie nach Osten schauen.
Das Abendrot hinter dem Rücken zu haben,
macht den Augenblick besser.
Das ist auch die Richtung der Toten.
Den Lebenden steht jede Richtung zu,
deshalb darf der Vogel nach Westen fliegen
und die Wolke nach Süden.
Der Gang der Erde ist unfaßbar.
Vielleicht durchkreuzt sie nur immer wieder das Herz eines Engels, der selbst noch sucht und niemals die richtige Richtung findet,
um den Augenblick zu ertragen.

Die Natur zu lesen als Gottes erstes Wort haben wir verlernt. Wir Fortschrittsgläubigen.
Im Blick nach Osten, in Richtung der aufgehenden Sonne, gewinnen wir Mut.
Vielleicht.
Das Immer Neue des neuen Tages fordert uns heraus.
Das Abgelebte versinkt im Westen.
Aus dem Aufbruch ziehen wir die Kraft.
Wozu?
Gebet
Überlass uns nicht, Gott, dem unfassbaren Gang deiner Erde. Richte uns und alle deine Menschen aus an dir.
Befreie uns von unserem taumelnden Gang
und dem Nichtwissen wohin und woher. Gib uns Frieden in dir.  

Stille

Wir entzünden die 3. Kerze

Ich lese ein Gedicht von Robert Gernhardt.
Es trägt die Überschrift: Gespräch mit dem Engel

Ein Geräusch in der Luft,
wie von großen Maschinen:
'Sagen Sie mal – läßt sich das nicht abstellen?'
'Damit kann ich leider nicht dienen.
Das ist das Stöhnen Gottes
beim Betrachten seiner Welten.
Das heißt: Manchmal lacht er auch über sie.
Aber selten.'

Dein Gemüt zu lesen, Gott,
auch das haben wir verlernt.
Und wie hast du versucht es uns einzuschreiben – dein Gemüt in unseren Sinn - ! Wie nahe kamst du uns in deinem Wort, in dem du einmal
so sehr um unser Verstehen gerungen hast
und noch immer ringst.

Nur ein Engel enthüllt uns,
dass der unaussprechliche Lärm der Erde
dafür da ist, dein Stöhnen zu übertönen.
Herr, vergib.

Stille

Wir entzünden die 4. Kerze

Ich lese ein Gedicht von Thomas Rosenlöcher
Es trägt die Überschrift: Der Engel mit der Eisenbahnermütze

Er steht im Schnee, wo alle Züge enden.
Und zählt die Toten, die man, Stück für Stück,
an ihm vorüberträgt, von links nach rechts.

Doch schon bei sieben weiß er nicht mehr weiter.

Dass man die Toten, die von links nach rechts
an ihm vorbeigetragen worden waren,
erneut vorüberträgt, von rechts nach links.  

Doch schon bei sieben weiß er nicht mehr weiter.

So zählt er immer noch am letzten Krieg,
obwohl der nächste schon gesichert ist
und wieder Tote angeliefert werden.

Die Erde ein Schlachtfeld
Und wir lernen nicht.
Der Kampf um Bachmut
Wie im Ersten Weltkrieg graben sie sich ein,
umzingeln eine zerstörte Stadt,
machen Häuserkampf – Kampf in den Trümmern -
Mann gegen Mann.

Daß du den Verantwortlichen für dieses barbarische Wüten
noch einmal die Augen öffnest Gott, für das was sie
veranlassen und tun, das ist unsere inständigste Bitte an dich, Ewiger. Dass Du den Verantwortlichen für das barbarische Wüten
in allen Kriegen, den vergangenen und den gegenwärtigen
die Augen öffnest und sie spüren läßt die Last der vielen Toten,
die sie meinten in Kauf nehmen zu können,
das ist unsere inständigste Bitte an dich.

Wir wollen keinen Krieg.
Und dafür stehen wir auf.

Wir entzünden die 5. Kerze
Ich lese ein Gedicht von Novalis

Wenn in bangen trüben Stunden
Unser Herz beinah verzagt,
wenn von Krankheit überwunden
Angst in unserm Innern nagt;
wir der Treugeliebten denken
Wie sie Gram und Kummer drückt, Wolken unsern Blick beschränken,
Die kein Hoffnungsstrahl durchblickt;
O! Dann neigt sich Gott herüber,
seine Liebe kommt uns nah,
Sehnen wir uns dann hinüber
Steht sein Engel vor uns da,
bringt den Kelch des frischen Lebens,
Lispelt Mut und Trost uns zu;
Und wir beten nicht vergebens
Auch für die Geliebten Ruh.  

Engel müssen nicht Flügel haben.
Wir sehen sie vor uns in den Altenheimen und ambulanten Pflegediensten, wenn sie hochaltrige Menschen in den Alltagsverrichtungen unterstützen.
Wir sehen sie vor uns, wenn sie Kindern auf die Welt helfen,
wenn sie Verunglückte und Verletzte versorgen und am Leben erhalten.

Engel müssen nicht Flügel haben.
Wir sehen sie vor uns in den Krankenhäusern, Hospizen und Palliativstationen, in den vielen privaten Häusern, in denen Schwerstkranke umsorgt werden.
Wir sehen sie vor uns in den Erdbebengebieten, wenn sie aushalten mit denen, die alles verloren haben und nicht wissen noch ein noch aus.
Wir glauben, dass du es bist, Gott, Ewiger, der sich in den Engeln ohne Flügel zu den Menschen beugt.
Wir danken dir, dass wir zu diesem Glauben fähig sind.
Befähigt durch Christus. In der Kraft seines Geistes.

Danken wir in der Stille für alles, was uns gegenwärtig vor Augen steht
als das Gute und Tröstende in unserem Leben.

Stille

Wir entzünden die 6. Kerze
Ich lese ein Gedicht von Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Es trägt die Überschrift: Letztes Gespräch

Ich
Engel des Todes, du kommst, mich abzuholen: ich bitte
Mir zu sagen, wohin? - Engel des Todes, du schweigst?

Der Engel
Weil befohlen mir ist, dirs nicht zu sagen, so schweig ich;
Aber wohin du auch kommst, wartet dein Vater auf dich.

Gebet
Wenigstens in der letzten Stunde, in deiner, in meiner,
lass mich gehalten sein in dieser Vision,
dass ein Engel mir sagt: Dein Vater wartet auf dich
an jenem unbegreiflich lichtvollen Ort, auf den du zugehst
im Tal des Todes.

Wenigstens in der letzten Stunde, in deiner, in meiner,
möge ein Engel, freundlich ernst mir zugewandt,
mich an die Hand nehmen und mich führen
durch das Tal des Todes.
Eine starke und mutige Hand möge es sein.  

Ich brauche sie dann.
Wir brauchen sie dann.
Wir alle und die vielen brauchen sie.

Stille

Wir entzünden die 7. Kerze
Sie ist der Arie aus der Kantate zum Michaelistag gewidmet,
die Johann Sebastian Bach komponiert hat. Wir hören sie in der folgenden Einspielung.

Bleibt ihr Engel, bleibt bei mir!
Führet mich auf beiden Seiten,
Daß mein Fuß nicht möge gleiten.
Aber lernt mich auch allhier
Euer großes Heilig singen
und dem Höchsten Dank zu bringen


Bringen wir unseren Dank vor Gott mit dem Gebet seines Sohnes:

Vaterunser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel,
so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke dir Frieden.

Lied: Verleih uns Frieden gnädiglich…