Friedensgebet 16.November
von Probst Hans-Bernd Serries als PDF zum Download.
Beginnen möchte ich dieses Friedensgebet am Montagabend mit einigen Gedanken, die ich am vergangenen Samstag in der Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart“ gefunden haben. Manchmal fällt einem etwas zu, das vielleicht mehr ist, als nur ein Zufall: „Es gibt Dunkelheiten – da ist nicht zu beschönigen: Krieg und Terror, Ausbeutung und Benachteiligung weltweit. Hunger, Armut, Krankheit, Einsamkeit, Ausgrenzung und Verachtung – auch hier bei uns. Ungnade und Unbarmherzigkeit – miteinander und mit uns selbst. Man könnte schwarzsehen – so viel Finsternis gibt es: um uns herum und in uns mittendrin.
Aber: Wir sind dem nicht ausgeliefert – all diesem Dunklen! Wir stehen nicht ohnmächtig da. Sehen schwarz und zucken hilflos die Achseln. Wir haben etwas dagegen! Mitten in der Dunkelheit werden Lichter angezündet. Lichter der Liebe und des Friedens leuchten auf … Weil wir Gott zutrauen, dass er alles zum Guten verwandelt. Dass Neuanfänge möglich sind. Und dass am Ende alle Wege – auch die Umwege – zu ihm führen.
Verglichen mit den Dunkelheiten weltweit sind all das nur ganz kleine Lichter. Das stimmt. Aber: Auch die kleinste Kerze füllt mit ihrem Schein einen ganzen Raum. All diese Lichter, und seien sie noch so klein, sie leuchten. Unverwüstlich. Gerade, wenn es dunkel wird um uns herum.“ (Christ in der Gegenwart, 46/2020, S. 513)
Und so zünden auch wir heute Abend wieder 7 Lichter an gegen all das Dunkle in der Welt aber auch als Zeichen der Hoffnung, dass wir Gott zutrauen, dass er alles zum Guten verwandelt. Beten wir zu Beginn gemeinsam im Gotteslob Nr. 19, Abschnitt 6
"Oh Gott, Vater aller Menschen, du bittest jeden von uns, Liebe dorthin zu tragen, wo Arme erniedrigt werden, Freude dorthin, wo die Kirche entmutigt ist, und Versöhnung dorthin, wo die Menschen uneins sind, der Vater mit dem Sohn, die Mutter mit der Tochter, der Mann mit seiner Frau, der Glaubende mit dem, der nicht glauben kann, der Christ mit seinem nicht geliebten christlichen Bruder. Du bahnst uns diesen Weg, damit der zerstückelte Leib Jesu Christi, deine Kirche Ferment der Gemeinschaft für die Armen der Erde und für die ganze Menschheitsfamilie sei.“
1. Proteste und Verwirrung in Armenien nach Waffenruhe
Zur Situation der Auseinandersetzung zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Kaukasusregion Berg-Karabach konnte man heute lesen: „Nach dem Ende aller Kampfhandlungen in Berg-Karabach bekommt Armenien mehr Zeit für den Abzug der Truppen … Zudem sicherte der aserbaidschanische Präsident den Schutz christlicher Kirchen und Klöster in den Gebieten der Konfliktregion zu, die nun vom muslimisch geprägten Aserbaidschan kontrolliert werden. Beide Seiten tauschten am Wochenende mehrere Leichen gefallener Soldaten aus.“
Armeniens Regierungschef hatte die Vereinbarung einer Waffenruhe in der Nacht zum vergangenen Dienstag mit Aserbaidschans Präsident unter Vermittlung Russlands unterzeichnet.
Aserbaidschan verlor in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor etwa 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet: sowohl die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Autonome Oblast Bergkarabach als auch umliegendes, mehrheitlich von Aserbaidschanern bewohntes Territorium wie den Lachin-Korridor. Aserbaidschan beruft sich in dem neuen Krieg auf das Völkerrecht und sucht immer wieder die Unterstützung von seinem "Bruderstaat" Türkei. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.
Stille – Bitte – Kyrie eleison
2. EU-Kommission warnt vor humanitärer Katastrophe in Äthiopien
Hintergrund ist die Militäroffensive der Zentralregierung gegen die Regionalregierung der Provinz Tigray.
Dazu sagte der EU-Kommissar für Krisenmanagement dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Die militärische Eskalation in Äthiopien bedroht die Stabilität des ganzen Landes und der Region.“ Das Risiko, dass die Gewalt sich ausbreite, sei sehr real, sagte der EU-Kommissar, der das ostafrikanische Land vor wenigen Wochen besucht hat: „Ich fürchte, dass diese Krise katastrophale humanitäre Folgen für das ganze Land hat.“ Schon vor der Krise seien rund drei Millionen Menschen in Tigray und 15 Millionen Menschen im gesamten Land auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen, ergänzte der EU-Kommissar. Er verwies auch auf 100.000 Flüchtlinge, die Äthiopien aufgenommen habe. Er forderte die äthiopische Regierung auf, den Hilfsorganisationen Zugang zur Region Tigray zu gewähren. „Schneller und bedingungsloser Zugang ist dringend nötig“, sagte Lenarcic. Die Äthiopien-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, Annette Weber, sagte: „Wenn sich der Konflikt regional ausweitet, würde das zu großen Migrationsschüben auch nach Europa führen.“ Es bestehe unter anderem das Risiko, dass das Nachbarland Sudan wieder destabilisiert werde. „Alle Beobachter in der Region sind sehr nervös.“ Weber forderte, auch die Kirchen müssten auf eine Friedenslösung drängen. Abiy sei evangelikaler Christ: „Der interreligiöse Rat in Äthiopien und der Weltkirchenrat müssten sich mit ihm in Verbindung setzten.“ Der Konflikt war stetig eskaliert, nachdem Ministerpräsident Abiy wegen der Corona-Pandemie die für den Sommer geplanten Parlamentswahlen verschoben hatte, ohne einen konkreten neuen Termin zu nennen. Abiy, der sich zunächst massiv um Aussöhnung des ethnisch gespalteten Landes bemüht hatte, wurde im Jahr 2019 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Stille – Bitte – Kyrie eleison
3. Pakistan: Angriffe auf die Pressefreiheit Die Gruppe „Freedom Network“ schlägt Alarm: Angriffe auf Journalisten und Medienorganisationen in dem asiatischen Land nehmen zu.
Das geht aus dem Jahresbericht zur Pressefreiheit 2020 hervor. Sechs Journalisten haben Attentatsversuche überlebt, drei wurden im vergangenen Monat entführt. Sieben weitere sahen sich im gleichen Zeitraum Bedrohungen ausgesetzt, die von Schikanen, Verhaftungen und Übergriffen bis hin zu Gerichtsverfahren reichten, konstatiert der Bericht vom 11. November. Berichten zufolge seien die staatlichen Behörden in acht Fällen involviert gewesen; zwei hätten die Pakistanische Volkspartei betroffen, in sechs Fällen wären die Täter unbekannt geblieben. „Es ist alarmierend, dass sich Staatsfunktionäre als Hauptinitiatoren herausgestellt haben, was darauf hindeutet, dass der Staat Pakistan Journalisten ins Visier nimmt und zu ihrem Hauptfeind wird, wenn es darum geht, rechtliche Schritte gegen sie einzuleiten", beklagt der Geschäftsführer von „Freedom Network“. Dieser Zustand sei alarmierend, und der Staat müsse erklären, warum er es auf Medien und Medienbeauftragte abgesehen habe. Laut dem Pressefreiheitsbericht 2020 von „Freedom Network“ wurden zwischen Mai 2019 und April 2020 mindestens 91 Fälle in Pakistan dokumentiert, darunter sieben Morde an Journalisten und einem Blogger. Im September haben mehr als 150 Journalistinnen in Pakistan eine Petition unterzeichnet, in der sie Alarm schlagen wegen „abscheulicher und bösartiger Angriffe“ durch Personen, die der Regierung, den politischen Parteien und ihren Medienflügeln nahe stehen.
Stille – Bitte – Kyrie eleison
4. Indien: Herausforderung ans Kastensystem „Wir fordern das Kastensystem heraus: Dalit-Frauen haben Würde!“
Das war das Thema des „Dalit Liberation Sunday“, den Indiens Christen am Wochenende begangen haben. „Dieses Land, in dem weibliche Gottheiten verehrt werden, ist für Frauen ein ausgesprochen unsicherer Ort geworden“, schreibt der katholische Bischof Sarat Chandra Nayak, der für die Seelsorge an den Dalit zuständig ist, in einer Erklärung zum Tag für die Rechte der Kastenlosen. „Dalit-Frauen machen Furchtbares durch: In den letzten Monaten wurden viele von ihnen angegriffen und brutal umgebracht. Wir bedauern vor allem, dass die Verantwortlichen für diese Taten meistens von der Polizei gedeckt werden und straflos ausgehen. Der „Sonntag für die Befreiung der Dalit“ wird jährlich von der katholischen Bischofskonferenz und dem Indischen Kirchenrat, dem protestantische und orthodoxe Gruppen angehören, organisiert. Dalit bedeutet auf Sanskrit „herumgetrampelt“; es meint alle sogenannten Unberührbaren, die aus dem (offiziell längst abgeschafften, untergründig aber weiter existenten) Kastensystem herausfallen. Nach offiziellen Angaben gibt es in Indien 201 Millionen Dalit. Etwa sechzig Prozent der 25 Millionen Christen in Indien sind Dalit oder gehören zu Ureinwohner-Stämmen.
Stille – Bitte – Kyrie eleison
5. Mehr als 200 vertriebene Christen im Irak kehren zurück
Aber auch Lichtblicke und Zeichen der Hoffnung sind in den Medien zu finden. So konnte man in dieser Woche von der Heimkehr für hunderte Familien christlicher Vertriebener, in ihre irakische Heimat in Mossul und in den Dörfern der Ninive-Ebene lesen. Etwa neunzig christliche Familien kehren so laut Informationen des vatikanischen Fidesdienstes in ihre Häuser in der Altstadt und im Osten von Mossul zurück, aus der sie im Sommer 2014 vor Dschihaddisten geflohen waren. Die Rückkehr einer großen Gruppe von Flüchtlingen aus den örtlichen christlichen Gemeinden wurde am 11. November bekannt gegeben und vom Gouverneur der Provinz Ninive bestätigt. Die nun angekündigte Rückkehr christlicher Familien nach Mossul und in die Dörfer der NiniveEbene ist laut Fides ein beruhigendes Signal, auch wenn die Zahl der Christen, die nach dem massiven Exodus christlicher Flüchtlinge, wieder in die historischen nordirakischen Herkunftsgebiete zurück will, relativ gering bleibt. Die meisten Familien, die während der Jahre der dschihadistischen Herrschaft zur Flucht gezwungen wurden, scheinen nicht in ihre verlassenen Häuser zurückkehren zu wollen, nachdem sie eine neue Unterkunft in Erbil oder in der Region Dohuk gefunden haben oder nachdem es ihnen gelungen ist, ins Ausland auszuwandern. Gleichzeitig wurde berichtet, dass junge Muslime in der Stadt Mossul christliche Kirchen wieder in Stand setzen. Muslimische Freiwillige arbeiten derzeit daran, die christlichen Kirchen in Mossul zu säubern, damit sie wieder zugänglich sind. Wie die italienische Nachrichtenagentur „AsiaNews“ schreibt, wolle die Organisation „die Spuren des islamischen Staates damit verwischen und Menschen in Not Hilfe bringen“. Sie richten auch einen Appell an die fliehenden Familien, wie „AsiaNews“ berichtet: „Kehrt zurück, Mossul ist ohne euch nicht vollständig!“ Nach der Plünderung, die im Sommer 2014 stattfand, geriet die Thomaskirche in einen Zustand der Verwahrlosung und riskierte den vollständigen Einsturz des Bauwerks. Die Gruppe junger Freiwilliger wollte es als Symbol der Wiedergeburt betrachten, in dem Versuch, die Brutalität und die Schrecken der Dschihadisten wortwörtlich „hinwegzufegen“. „Wir wollen damit ausdrücken, dass die Christen zu diesem Land gehören. Sie haben hier eine reiche und wertvolle Geschichte hinter sich“, so einer der Verantwortlichen der Freiwilligen. Durch die Säuberung der Kirche wollen sie die Bemühungen der örtlichen christlichen Gemeinschaft unterstützen, Gebäude, Strukturen, Güter und historisches Eigentum wieder aufzubauen und den Boden für die Rückkehr derjenigen vorzubereiten, die in der Vergangenheit wegen ethnischer und konfessioneller Gewalt geflohen seien.
Stille – Bitte – Kyrie eleison
6. Die 6. Kerze zünden wir an für alle Anliegen, die wir heute Abend ganz persönlich im Herzen tragen und die wir hier offen aussprechen können oder in einem Moment der Stille auch schweigend Gott anvertrauen dürfen
Stille – Bitte – Kyrie eleison
7. Und die siebte Kerze entzünden wir und danken Gott, dem Vater aller Menschen, für alle, die sich jeden Tag mit so viel gutem Willen und mit aller Kraft und Fähigkeit dem Alltag in guter Weise stellen. Für alle, die ihre Berufe in Verantwortlichkeit und Umsicht ausüben, die Liebe und Empathie leben in ihren Familien, gegenüber ihren Mitmenschen, woher sie auch kommen. Wir danken Gott für alle Menschen, die sich freiwillig verantwortlich einsetzen in den Kirchen und in Gesellschaft und Politik. Wir bitten für sie, dass Gott ihnen Kraft und Mut schenkt.
Stille – Bitte – Kyrie eleison
Und auch dieses Gebet fiel mir am Samstagmorgen bei der Lektüre der Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart zu:
„Verborgen hinter dunkler Wolke bist Du mir Gott. Aber manchmal dringt etwas ein wie Licht, berührt mich Wärme, und ich tauche ein in ein Meer von Trost.
Kein Fragen mehr, das mich aufzehrt. Du bist da, das ist genug. Festhalten möchte ich solche Augenblicke, aber es gibt kein Haben. Schon verdichtet sich wieder die Wolke bis hin zur Undurchdringlichkeit.
Genug, dass der Wiederschein des Ewigen mich gestreift hat. Ich bin getröstet, unter meiner Last erstarkt. Und im Dunkeln singe ich Dir ein Lied.“ (Christ in der Gegenwart, 46/2020, S. 513)
Vaterunser – Segen – „Verleih uns Frieden…“ (GL 475)