Weihnachten mit der Familie im Wohnzimmer feiern – Eine Anleitung für junge Menschen
als PDF zum Dowload.
Du traust dich was!
Allein, dass du das hier liest, zeigt, dass du die Idee, mit deiner Familie eine Wohnzimmerandacht zu feiern, nicht völlig abwegig findest. Das ist mutig. Das Wohnzimmer soll für eine Zeit Kirche werden, und dann auch noch mit der eigenen Familie. Eine Herausforderung! Und dann auch noch an Weihnachten, wo ihr in den letzten Jahren wahrscheinlich in einer vollen Kirche wart, mit dieser besonderen Atmosphäre, mit Kerzen und Orgelmusik, mit den bekannten Liedern… alles anders dieses Jahr.
Aber mal ganz ehrlich: Alle werden dir dankbar sein, dass du dich traust. Es muss nicht perfekt werden. Welcher Gottesdienst ist schon perfekt? Dass du es wagst, das ist entscheidend. Das wird allen in Erinnerung bleiben – und weniger die einzelnen Worte oder Gedanken.
Hier ist ein Entwurf für so eine Andacht, die ihr im Wohnzimmer gemeinsam feiern könnt. Du kannst die Texte so nehmen, wie sie sind. Aber wenn du zum Beispiel gewohnt bist zu beten, kannst du natürlich deine Gebete sprechen. Wenn du andere Gedanken oder Ideen hast – dann mach es, wie es zu dir passt. Es ist deine Andacht. Du machst sie so, dass du dich damit wohl fühlst. Das ist wichtig.
Versuch die Texte langsam zu sprechen und Pausen zu machen.
Vielleicht wechselst du dich beim Lesen mit anderen ab. So könnte jemand die Weihnachtsgeschichte lesen oder das Gebet sprechen. Das solltest du natürlich vorher absprechen, damit sich derjenige oder diejenige darauf einstellen und den Text in Ruhe schon mal lesen kann. Dann musst du nicht alles alleine machen und abwechselnde Stimmen sind auch besser zum Zuhören.
Überleg dir auch, was du anziehen willst, denn du hast eine besondere Rolle als Andachtsleitung. Vielleicht ein schickes Hemd, ein festliches Kleid…
So kannst du alles vorbereiten
Du brauchst für jede*n, die/der mitmacht, einen Stern, den man an den Baum oder eine Lichterkette hängen kann mit einem ca. 1,5 cm großen Loch in der Mitte. (Zum Beispiel diese: https://www.geo.de/geolino/basteln/458-rtkl-bastelanleitung-sterne-aus-alten-comics. Dann braucht jede*r ein postkartengroßes Blatt Papier (und eines in Reserve), eine Schreibunterlage und einen Stift.
Du brauchst 2 Musikstücke – (z.B. von der Nordkirchen playlist: #hoffnungsleuchten an Weihnachten https://open.spotify.com/playlist/66JiZQnJ34UkCiAcKMZ34E?si=OOtl0SzMStaGZmlQU0chmQ) instrumental oder mit Text zum Thema Licht, Stern, Dunkelheit und etwas ruhige Instrumentalmusik für die Gestaltungsphase (z.B. Spotify: Christmas Peaceful Piano).
Such´ dir noch eine große Kerze, die du zu Beginn der Andacht anzünden kannst.

Und dann: Lies´ dir alles in Ruhe durch, mach dir Notizen, ergänze, streiche… mach es zu deiner Andacht – für die Menschen um dich herum. Du kennst diese Menschen am besten. In dem Text findest du ein paar Regieanweisungen in kursiv / in Klammern, die sollen dir bei diesem aufregenden Experiment helfen.
Ach ja: Auch wenn es nach viel Text aussieht. Die Andacht dauert so um die 25 Minuten. Knapp 7 Minuten wirst du ungefähr sprechen. Dazu die 2 Lieder (ca. 8 Minuten). Plus die Zeit für das Nachdenken, Schreiben, Austauschen.
So könnte es gehen
(Das Wohnzimmer wird zum Andachtsraum. Überlege dir, wo du sein willst. Wo ist dein Platz? Lege die Materialien und die Musik bereit. Die Sterne kannst du z.B. sichtbar auf den Tisch legen, das macht neugierig. Zünde die Kerze an, als Zeichen, dass es jetzt losgeht.)
„Wir feiern heute gemeinsam eine Andacht im Wohnzimmer.
Ein Weihnachtsgottesdienst auf dem Sofa statt in der Kirche. Das ist ungewohnt und aufregend, auch für mich. Aber ich freue mich auf diese Feier, ich freue mich auf die Gedanken und den Austausch mit euch. Auch wenn es ungewohnt ist: Andacht im Wohnzimmer. Es ist schön, dass wir heute zusammen sind. Mit Gott, der Mensch wurde und der immer noch wirkt. Unter uns, mit uns, bei uns.
Amen.“
(Gebetsvorschlag:)
„Gott,
alles ist so anders dieses Jahr. So viele Veränderungen prägen unser Leben, unseren Alltag, unser Miteinander.
Wir machen uns viele Gedanken und Sorgen um unsere Gesundheit, um unsere Zukunft.
Wir machen uns viele Gedanken und Sorgen um unsere Freunde und Verwandten, die wir so lange nicht mehr in den Arm genommen haben.
Sei du heute Abend bei uns und bei denen, die wir vermissen.
Lass dein Licht an diesem Abend und in unserer Nacht leuchten.
Amen.“
Musikstück 1
„Die alte Geschichte von der Geburt Jesu verbindet uns mit all den Menschen, die an diesem Abend die Geburt Jesu feiern. In den Kirchen, auf den Plätzen, Zuhause, vielleicht auch bei der Arbeit.
Ich lese aus dem Lukasevangelium (Kapitel 2,1-20. Achtung: Das ist jetzt die Version der Basisbibel! Die „klassische“ Luther-Übersetzung findest du unter bibel.de):
Damals, zu derselben Zeit, befahl Kaiser Augustus, im ganzen römischen Reich eine Volkszählung durchzuführen. Es war die erste Volkszählung. Sie fand statt, als Quirinius in Syrien regierte. Da machten sich alle auf, um sich in die Steuerlisten eintragen zu lassen – jeder in seine Heimatstadt.
Auch Josef ging von der Stadt Nazareth in Galiläa
hinauf nach Judäa.
Sein Ziel war die Stadt Davids, die Betlehem heißt.
Denn er stammte aus dem Königshaus und der Familie Davids.
In Betlehem wollte er sich eintragen lassen zusammen mit Maria,
seiner Verlobten.
Maria war schwanger.
Während sie dort waren,
kam die Zeit der Geburt.
Maria brachte ihren ersten Sohn zur Welt.
Sie wickelte ihn in Windeln
und legte ihn in eine Futterkrippe.
Denn sie hatten in der Herberge
keinen Platz gefunden.
In der Gegend von Betlehem waren Hirten draußen auf den Feldern.
Sie hielten in der Nacht Wache bei ihrer Herde.
Auf einmal trat der Engel des Herrn zu ihnen,
und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie.
Die Hirten erschraken und bekamen große Angst.
Der Engel sagte zu ihnen:
„Habt keine Angst!
Seht doch:
Ich bringe euch eine Freudenbotschaft.
Im ganzen Volk wird große Freude herrschen.
Denn heute ist in der Stadt Davids
für euch der Retter geboren worden:
Er ist Christus, der Herr.
Und dies ist das Zeichen,
an dem ihr das alles erkennt:
Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden.
Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.“
Plötzlich war der Engel umgeben
vom ganzen himmlischen Heer der Engel.
Die lobten Gott und riefen:
„Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe!
Und sein Friede kommt auf die Erde zu den Menschen,
denen er sich in Liebe zuwendet!“
Die Engel verließen die Hirten und kehrten in den Himmel zurück.
Da sagten die Hirten zueinander:
„Kommt, wir gehen nach Betlehem
und sehen uns die Geschichte an,
die uns der Herr gerade erklärt hat!“
Die Hirten liefen hin, so schnell sie konnten.
Sie fanden Maria und Josef und das neugeborene Kind,
das in der Futterkrippe lag.
Als sie das sahen,
erzählten sie, was ihnen der Engel über dieses Kind gesagt hatte.
Alle, die es hörten, staunten über das,
was ihnen die Hirten berichteten.
Aber Maria prägte sich alle ihre Worte gut ein
und dachte viel darüber nach.
Die Hirten kehrten wieder zurück.
Sie priesen und lobten Gott für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genau so, wie es ihnen der Engel gesagt hatte.
Der Evangelist Matthäus erzählt noch eine andere Geschichte (Kap 2):
Er erzählt von einem Stern, den Weise aus dem Morgenland aufgehen sehen und dem sie folgen. Sie gehen zunächst zur Hauptstadt von Israel, weil sie dort den neuen König vermuten, den sie mit dem aufgehenden Stern verbinden.
Dort treffen sie jedoch König Herodes. Auf diesen König verweist der Stern nicht. Weiter heißt es bei Matthäus (2,9-11. Auch aus der Basisbibel):
Nachdem die Sterndeuter den König gehört hatten, machten sie sich auf den Weg. Und sieh doch: Der Stern, den sie im Osten gesehen hatten, ging vor ihnen her. Dann blieb er stehen, genau über der Stelle, wo das Kind war. Als sie den Stern sahen, waren sie außer sich vor Freude. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind mit Maria, seiner Mutter. Sie warfen sich vor ihm nieder und beteten es an. Dann öffneten sie die Kästen mit ihren Schätzen und gaben ihm Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe.“
Musikstück 2
„Das erste Weihnachten. Maria und Josef. Das war damals nicht besonders schön. Der Kaiser beschließt eine Volkszählung – und viele müssen sich auf den Weg machen. Die Politik sorgt für Unruhe im Land, es ist für viele mühsam, den Anweisungen zu folgen und den Heimatort aufzusuchen.
Maria, hochschwanger, und Josef machen sich gezwungenermaßen auf den Weg. Doch damit nicht genug. Normalerweise nimmt man sich ein Zimmer in einem Gasthof. Normal ist aber in der Geschichte nichts: Es gibt abends keine Unterkunft für die hochschwangere Maria und Josef.
Keinen Ort, um sich zu waschen, zu wärmen, zu essen oder zu entspannen. Statt einer Unterkunft ist es ein zugiger Stall geworden, in dem Maria ohne Hebamme ihr Kind zur Welt bringen muss.
Doch dann: In diesem Durcheinander wird alles anders.
Aus dem Umbruch wird ein Aufbruch.
„Fürchtet euch nicht!“, hören die Hirten von den Engeln.
Da ist ein Kind geboren worden, das die Welt auf den Kopf stellen wird.
In einem Stall liegt ein Kind, das die Träume vom Reich Gottes groß machen wird.
Ein Kind, das sich den Armen zuwenden wird, den Ausgegrenzten.
Einer, der aus der Liebe Gottes lebt.
Einer, der die Liebe teilt.
Und ein Stern weist den Weg.“
(Hier kannst du ruhige Hintergrundmusik anmachen.)
„Ein Stern weist den Weg.
Sterne am Himmel waren früher einmal die einzige Orientierung, die Menschen nachts hatten.
Auf dem weiten Meer, wo es sonst nur Wellen und Wind gibt.
Sterne – sie sind verlässlich, sie bleiben am Himmel.
Sterne – sie leuchten in der Dunkelheit.
Und je dunkler es wird, desto heller leuchten sie.
Überlegt doch bitte mal:
(Diese Fragen sind Anregungen. Wenn es dir zu viele sind, lass´ welche weg.)
Was sind deine Sterne im Leben?
Woran orientierst du dich?
Gerade, wenn es dunkel um dich oder in dir ist?
Worauf verlässt du dich?
Wem vertraust du?
Was gibt dir Halt?
Zu wem kannst du immer kommen?
Wer ist für dich da?
Was macht dich ruhig, wenn du unruhig bist?
Wo bist du geborgen, sicher?
Was sind deine Leitsterne?
Schreibe deine Gedanken auf den kleinen Zettel. Ganz für dich.“
(Einmal freundlich in die Runde gucken.)
…
(Jetzt brauchen die Menschen Zeit zum Denken und Schreiben. Das ist ja keine einfache Aufgabe. Das kann etwas dauern, bis sie anfangen zu schreiben. Also bleib gelassen, das wird schon klappen. Wenn du das Gefühl hast, dass jede*r ein paar Ideen notiert hat, frag´, ob sie noch Zeit brauchen. Wenn nicht, kannst du weitermachen.
Jetzt kommt noch ein spannender Schritt: Du kannst anregen, dass ihr euch über diese sehr persönlichen Gedanken austauscht. Wahrscheinlich fühlt es sich für dich komisch an, mit deiner Familie darüber zu sprechen. Aber: Wenn ihr euch traut, dann wird das ein ganz besonderer und wahrscheinlich unvergesslicher Moment. Es hilft, wenn du den Anfang machst, und etwas zu deinen Sternen erzählst. Dann wird es den anderen leichter fallen. Und wenn am Ende nicht alle etwas gesagt haben, ist das auch ok. Wenn du dich traust, können folgende Fragen hilfreich sein:)
„Vielleicht wollt ihr etwas zu euren Sternen sagen?
Wie ist das mit den Sternen in eurem Leben?
Habt ihr einen Stern wiederentdeckt, den ihr aus den Augen verloren habt?“
(Wenn du das Gefühl hast, dass alles so weit gesagt ist, kannst du diesen Teil der Andacht beenden.)
„Danke, dass ihr euch getraut habt, was zu sagen!
Das ist eine Sternstunde!
Wir rollen die Zettel jetzt auf und stecken diese in das Loch im Stern.
Wir hängen jetzt unsere Sternstunden auf.

Als Zeichen für Orientierung in der Dunkelheit, als Zeichen für die Beziehungen, die uns tragen, als Zeichen für die Liebe, die uns beflügelt.
Amen.“
(Jetzt kannst du die Musik ausmachen.)
„Wir beten gemeinsam das Vaterunser:
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.“
(Segen – auch wenn der meist im Stehen gesprochen und empfangen wird, fühlt sich das im Wohnzimmer wahrscheinlich komisch an. Macht nichts. Der funktioniert auch im Sitzen.)
„Gott segne uns und behüte uns.
Gott schenke uns Sternstunden und Hoffnungszeichen auf unserem Weg.
Er begleite uns mit seinem Licht durch diesen Abend und diese Nacht.
Amen.“
(Jetzt könnt ihr noch ein Lied singen, wenn ihr das sonst auch gemacht habt. „O du Fröhliche“ oder „Stille Nacht, Heilige Nacht“ oder irgendein anders Lied oder jemand macht Musik.
Dann kannst du die Kerze auspusten, als Zeichen, dass die Andacht zu Ende ist.
Herzlichen Glückwunsch! Du hast dich getraut und du hast es geschafft!)
Und noch eine Idee:
Wenn du das Treffen mit deinen Freunden und Freundinnen rund um den Gottesdienst oder nach der Feier mit deiner Familie, vermisst: Verabrede dich doch nach der Familienfeier zu einem Weihnachtsspaziergang in der Heiligen Nacht. Warm anziehen, Kekse einpacken und los geht´s, frische Luft tut gut.

Autor: Robert Zeidler, Pastor an der Jugendkirche in Hamburg-West/Südholstein.