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Frie­dens­ge­bet 27. März

Ökumenisches Montagsgebet am Montag, dem 27. März 2023 als PDF zum Download von  Norbert Gundt

Guten Abend. Ganz herzlich grüße ich alle hier Anwesenden, ebenso auch alle, die uns durch Internet und Teilnahme in jeder anderen Weise verbunden sind.

Wir singen gemeinsam nach den Anrufungen den Kehrvers von GL 834

Beginnen wir

Es heißt: Eure Rede sei: ja, ja, nein, nein

Es geht in diesem Friedensgebet um Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Frieden. Wir entzünden alle 7 Kerzen auf einmal

  1. Es gibt in der Passion nach Johannes eine Szene, die bis heute in vielerlei Hinsicht nachwirkt, als Jesus im Verhör durch Pilatus, sagt: Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahr-heit ist, hört auf meine Stimme.'
    Darauf Pilatus: Was ist Wahrheit?
    Unmittelbar danach geht Pilatus weg und wartet Jesu Antwort nicht ab.
    Was wir heute übersetzt als „Wahrheit“ in der Bibel lesen, steht ursprünglich da als „Nicht-Vergessen“. In der aramäischen Sprache, die Jesus selbst gesprochen hat, heißt es übersetzt "Treue".
    Gottes Treue zieht sich durch die gesamte biblische Botschaft. Es ist die Treue, die Gott bewegt, die nicht einfach fallenzulassen und zu vergessen, die sich aus Misstrauen oder Faulheit, Enttäuschung, Amtsanmaßung und Missbrauch, Krieg und Hunger, Flucht und Elend von ihm abgewandt haben. Diese Treue zieht sich durch alle Evange-lien. Gemäß diesen Schriften wird er uns nie und nimmer fallen lassen! Diese Treue ist die Wahrheit, für die Jesus Zeugnis ablegt.
    Gott, unsere Mutter und unser Vater, verhilf uns zu der Wachheit, die wir brau-chen, um Deine Wahrheit in Deiner Treue immer wieder neu zu erkennen, sie im-mer neu anzunehmen und sie beizubehalten.
    Singen GL 834 Herr, wir bitten, komm und segne uns
  1. Wahrheit hat mit bewahren zu tun. Jesus sagt: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst“. „Heiliger Va-ter, bewahre sie in deinem Namen“. So legt Jesus die Menschen an das Herz des Va-ters. So, wie Jesus selbst im Vater seine Geborgenheit erfuhr, so dürfen wir uns in Gottes Treue bewahrt wissen.
    Gerade in diesen Tagen, in der scheinbaren Unsicherheit über den rechten Weg des Glaubens auf die Zukunft hin, ist die Gemeinschaft im Miteinander-Unterwegs-Sein, wie sie im Zweiten Vatikanischen Konzil begonnen hat und sich hoffentlich im Synoda-len Weg fortsetzt, ein notwendiger Prozess. Aktivität und Dynamik im Glauben sind für die Beziehung zwischen Gott und den Mitmenschen ungefährlich, wenn wir uns auf den Kern der Wahrheit in Gottes Treue besinnen und daran festhalten: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
    Diejenigen, die meinen, man müsse nur alles und auch das Alles-Darum-Herum treu bewahren, alles festschreiben und das Gespräch, den Austausch und die Anpassung an Veränderungen ablehnen, können sich dabei nicht auf das Evangelium berufen.
    Aber ebenso können sich die nicht auf das Evangelium berufen, die meinen, der Glau-be und die Kirche seien am besten durch totale Reformation zu retten. Der reine Buchstabenglaube ist nicht lebendig, nur der Geist dahinter macht und hält am Leben. Gesetz ohne Menschlichkeit ist unbarmherzig. Nur das ehrliche empathische Ge-spräch in der Besinnung auf Gottes Treue schafft auf Dauer den Nährboden für Wahrheit und inneren Frieden.
    Gott, unsere Mutter und unser Vater, bewahre uns alle vor Passivität im Denken für Frieden unter einander. Stärke unsere Kreativität dafür und halte uns in Deiner Treue in Frieden und Wahrheit.
    Singen GL 834 Herr, wir bitten, komm und segne uns
  1. „Sag mir die Wahrheit, lüg mich nicht an!“ Diese dringende Bitte ist von existentieller Bedeutung, wenn es um die Wahrhaftigkeit einer Beziehung geht. „Nimm mich ernst und nimm dich selbst ernst. Wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, zerstörst du das Fundament unserer Beziehung“. „Sag mir ehrlich die Wahrheit, bitte“. Unwahrheit zerstört den Frieden, erzeugt Unfrieden. „Lügen haben kurze Beine“. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“, so lauten bekannte Sprichworte. Mark Twain sagt dazu: “Wenn du die Wahrheit sagst, musst du nichts im Kopf behalten“.
    „Doktor, sagen Sie mir die Wahrheit“. Der Patient hat ein Recht, die Wahrheit über seine Erkrankung zu erfahren, und der Arzt wird doch darauf bedacht sein, ihm nicht allen Lebensmut zu nehmen, wenn er ihm eine schlechte Diagnose überbringen muss. Wahrheit kann wehtun, sie öffnet uns die Augen für die Verletzlichkeit und Begrenzt-heit unseres Lebens.
    Was bedeutet uns die Wahrheit? Wahrheit schafft Vertrauen und ermöglicht Bezie-hung zwischen Einzelnen und Gruppen. Ohne sie kann eine Gemeinschaft nicht exis-tieren. Wahrheit braucht allerdings gute Bedingungen, damit sie sich entfalten kann. Der Epheserbrief nennt dazu:
    • Die Abgrenzung von Menschen, die lügen und mit leeren Worten verführen.
    • Die Aufdeckung von Lüge und Unwahrheit, ihre Offenlegung und Entlarvung.
    Statt weiß oder schwarz, wahr oder unwahr, dominieren oft Grautöne im Leben. Was ich gestern als wahr und richtig angesehen habe, kann sich heute als unwahr und falsch herausstellen. Was immer wir tun, wir sind verstrickt in Irrtum und Schuld, Unwahrheit und Lüge. Lüge und Wahrheit zu unterscheiden, ist also nicht so einfach. Viel schlimmer als Lügen sind allerdings festgefügte Überzeugungen, sie sind viel gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.
    Jesus sagt: „Ihr seid das Licht der Welt. Lebt als Kinder des Lichts. Deckt die Werke der Finsternis auf. Sagt einander die Wahrheit, steht ein für Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“.
    Gott, unsere Mutter und unser Vater, verhilf uns zu Mut, stärke unseren kritischen Geist und verleihe uns den klaren Kompass zur Unterscheidung von Mei-nung, Wahrheit und Unwahrheit.
    Singen GL 834 Herr, wir bitten, komm und segne uns
  1. „Das erste Opfer des Krieges ist die immer Wahrheit“. Swjatoslaw Schewtschuk Großerzbischof von Kiew
    „Alle verschwiegenen Wahrheiten werden giftig.“ F. Nietzsche
    „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ Bert Brecht
    „Die Nachrichten von verletzten und getöteten Menschen dürfen für uns niemals zur Routine werden. Jeder Mensch, der in diesem Krieg belogen, verletzt, vergewaltigt, verschleppt, getötet wird, ist ein Mensch mit unverlierbarer Würde und bleibt ein ein-zigartiges Geschöpf Gottes.“ so die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus.
    In einem Interview der FAZ schreibt sie sinngemäß weiter: Ich vermisse den Blick auf die Menschen, das ECCE HOMO, seht hin, das ist ein Mensch. Das Töten ist Hauptteil der Nachrichten geworden, es geht eher um Mengen von Panzern, von Munition, Kampfjets ja oder nein und Truppenbewegungen. Die getöteten und verstümmelten Menschen und die, die nie als die heimkehren, bevor sie als Soldaten gekämpft haben, dürfen nicht hinter solchen Berichten verschwinden. Wir trauern um die toten ukrai-nischen Soldaten, aber auch die russischen, die rekrutiert und getötet wurden, müs-sen wir ins Bewusstsein rücken. Für die Freiheit, das Völkerrecht, für die demokrati-schen Werte müssen wir an das Recht jedes Einzelnen auf sein unersetzbares Leben erinnern. Das ECCE HOMO ist ein wesentlicher Teil der Wahrheit und des Friedens und darf nicht verlorengehen.“
    Gott, unsere Mutter und unser Vater, bestärke alle Politiker in dem wahrhaftigen Bemühen um einen Waffenstillstand, auch wenn wir noch nicht sehen, wie ein Frieden aussehen könnte.
    Singen GL 834 Herr, wir bitten, komm und segne uns
  1. Hinter dem Einsatz von Waffen muss eine „Strategie zu Verhandlungen“ stehen. Wirklich wahrhaftige Gespräche dürfen nicht auf der Grundlage geführt werden, dass die territoriale Integrität des angegriffenen Staates infrage gestellt wird. Verhandlun-gen müssen „auf Augenhöhe“ geführt werden.
    Waffenlieferungen und wirklich wahrhaftige Verhandlungen schließen einander nicht aus. Frau Baerbock sagte vor der UN-Vollversammlung: „ Wenn wir die Ukraine nicht unterstützen, hört sie auf zu existieren. Wenn Russland die Truppen zurückzieht, ist der Krieg beendet“. Den Einsatz von Waffen erachten wir als notwendig, um die Men-schen in der Ukraine zu schützen und Russland die Erwartung zu nehmen, es könne die Ukraine austilgen. Ein Sieg über Russland schafft noch keinen Frieden, wenn wir uns auch nicht vorstellen können, wie dieser Sieg über eine Atommacht aussehen könnte. Zudem müssen diplomatische Kanäle gesucht und geöffnet werden, um eventuell Verhandlungen zu ermöglichen.
    Russen dürfen wir nicht pauschal als Handlanger von Präsident Putin betrachten. Es ist auch ein Teil der Wahrheit, dass es Stimmen im Land und in der russisch-orthodoxen Kirche gibt, die den Krieg verurteilen. Der andere Teil der Wahrheit ist: Patriarch Kyrill von Moskau unterstützt den Krieg und verbrämt ihn religiös. „Wir kämpfen im Namen Gottes“.
    Hannah Ahrendt sagt: „Man kann sagen, dass der Faschismus der Diktatur der alten Kunst der Lüge gewissermaßen eine neue Variante hinzugefügt hat – die teuflischste Variante, die man sich denken kann – nämlich das Wahrlügen“. Das muss man als geistige Mittäterschaft bezeichnen.
    Gott, unsere Mutter und unser Vater, wir stecken in der Zwickmühle zwischen Pa-zifismus und der Unterstützung mit Waffen für Menschen, die ihre Existenz ver-teidigen. Zeige uns in deiner Treue Wege zur wahrhaftigen Hilfe für alle Kriegspar-teien.
    Singen GL 834 Herr, wir bitten, komm und segne uns
  1. An dieser Stelle besteht die Möglichkeit für jeden, Fürbitte in eigenen Anliegen am Mikrofon zu äußern, oder auch für alle, in Stille Fürbitte zu halten und zu beten.
    Singen GL 834 Herr, wir bitten, komm und segne uns
  1. Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: „Die Wahrheit schadet einer gerechten Sache niemals. Gewaltfreiheit und Wahrheit sind untrennbar und setzen sich voraus“.
    Leo Tolstoi sagt dazu: „Die Wahrheit muss sich ohne Gewalt durchsetzen“.
    Francis Bacon sagt: „Die Wahrheit ist die Tochter der Zeit, nicht der Autorität“.
    Jesus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Diese Botschaft geht an alle Menschen. Ebenso dürfen wir dafür dankbar sein, dass uns das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe diesen Weg als einzig wahre Möglichkeit zum wahrhaftigen Frie-den und echten Miteinander aufzeigt und erfahrbar macht, für alle Menschen, gleich welcher Weltanschauung.
    Beten wir in dieser Dankbarkeit das Gebet, das Jesus uns hinterlassen hat:
    Vater unser …

Der Gott der Wahrheit und des Friedens bewahre uns alle.

Herr, gib uns Frieden gnädiglich