Friedensgebet 16. Mai
Montagsgebet 16. 5. 2022 als PDF zum Download von Pfarrerin R. Langenheder
Im Krieg in der Ukraine wird die Freiheit gewaltsam angegriffen und gewaltsam verteidigt, wird uns gesagt.
Ich sehe, wie dieser Krieg unzählige Opfer fordert,
wie Menschen verrohen, zu bösartigsten Untaten fähig werden.
Ich höre, wie auch die Sprache verroht,
mit der das Niederkämpfen des Feindes kommentiert wird.
Städte und Infrastrukturen werden auf brutalste Weise zerstört,
Menschen werden in das Elend des Ausgehungertwerdens getrieben. Millionen von Frauen und Kindern teilen das unselige Schicksal,
Flüchtlinge zu sein,
angewiesen auf das Wohlwollen der Menschen,
auf die sie treffen im Niemandsland langer Fluchtwege -
und dann in den sie aufnehmenden Ländern.
Dieses Schicksal und dieser unfaßliche Krieg wird alle
auf Generationen hin prägen. Ukrainer und Russen.
Uns, die wir vehement aufgefordert werden, schwere Waffen zu liefern und durch Sanktionen den Feind handlungsunfähiger zu machen,
wird gesagt: Wir verteidigen auch eure Freiheit, die Freiheit Europas.
Putin sagt: Wir verteidigen uns gegen die westliche Dekadenz,
in der das Leben verkommt.
Diese Realität, die ich hier kurz skizziert habe,
belastet uns alle und macht uns zu mehr oder weniger
hilflosen Zuschauern.
Mich bewegt es dazu, genauer hinzusehen
und hinzuhorchen, was hat es mit der Freiheit auf sich,
deren Wert in diesem Krieg erhalten werden soll.
Unbestritten verdanken wir die Idee der Freiheit
der jüdisch-christlichen Tradition.
Dazu befrage ich für heute den Apostel Paulus.
So beginnen wir im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Für das Verstehen dessen, was mit Freiheit gemeint ist,
zünden wir eine erste Kerze an.
Wir lesen gemeinsam: Röm. 8,1+2
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.
Für Menschen, die von dem Geist des Evangeliums erfaßt sind,
hat sich ein vollständiger Wechsel im Selbstverständnis zugetragen.
Wer in Christus Jesus ist, und sich von seiner Lebendigkeit
im Glauben tragen läßt, ist frei davon,
dem Bösen, der Gewalt, dem Neid, dem Hass dienen zu müssen.
Wer von dem Geist des Evangeliums erfaßt ist, kann den Mächten der Welt
gegenüber treten in der Gewißheit,
dass sie keine wirkliche Macht über ihn haben. Weil jede Macht der Erde
besiegt und überwunden ist durch Jesus Christus und seinen Tod am Kreuz.
Wer in Jesus Christus ist, ist frei.
Selbst unter den äußeren Bedingungen der Unfreiheit.
Gebet
Ewiger Gott, schenke doch deinen Christen weltweit ein Erwachen zu diesem tiefen Verständnis unserer menschlichen Freiheit.
Behalte allen, die um ihres Glaubens und ihrer Aufrichtigkeit willen weltweit verfolgtoder inhaftiert sind, dieses Wissen um ihre unzerstörbare Freiheit.
Lass sie nicht zerbrechen unter Gewalt und psychischer und physischer Folter.
Deine Macht, o Christus, ist stärker.
Stille
Herr erbarme dich….
Wir zünden eine 2. Kerze an für die Aussage von Paulus im 1. Kor.Brief 6,12
Mir ist alles erlaubt, es ist mir aber nicht alles zum Guten. Mir ist alles erlaubt, es soll mich aber nichts gefangen nehmen.
Von dem Philosophen Platon ist der Satz überliefert, dass die Demokratie an einem Zuviel der Freiheit zugrunde geht.
Unser sehr freies Ausleben unserer Möglichkeiten in der Welt westlichen Wohlstands,
hat unsere Erde ökologisch in eine erhebliche Schieflage gebracht.
Wir alle wissen das.
Doch immer noch scheint freiwillige Selbstbeschränkung für viele in der westlichen Hemisphäre nichts als eine Zumutung zu sein.
Gebet
Ewiger, lehre es deine Menschen neu und schreibe es in ihr Herz,
daß die Qualität des Lebens sich darin äußert, dass wir mit unserem Leben der Ausbreitung des Gottesreiches dienen.
Schreibe es in unser Herz und in das der vielen,
dass es gilt, Gerechtigkeit zu mehren und die Haltung zu leben,
dass alle Menschen mit gleichem Recht zu Freiheit und Würde ausgestattet sind.
Stille
Herr, erbarme dich….
Wir zünden die 3. Kerze an für die Worte des Paulus im Galater Brief, Kap. 5,13
Ihr aber, liebe Brüder und Schwestern, seid zur Freiheit berufen.
Allein sehet zu, dass ihr durch die Freiheit nicht dem 'Fleisch' Raum gebt,
sondern durch die Liebe diene einer dem andern.
Paulus erinnert an einen Grundkonflikt, den Christen in sich aushalten müssen.
Wir sind und bleiben Menschen aus Fleisch und Blut, solang wir leben.
Sind hingegeben an die politischen Machtverhältnisse, die wir oft genug nicht grundlegend ändern können.
Wir sind unseren Ängsten ausgeliefert, müssen sehen, wie wir uns selbst und unsere Familien versorgen. Wir müssen uns anpassen an Grundgegebenheiten des Lebens, die wir nicht in der Hand haben. Wir müssen gegen unsere innersten Überzeugungen Kompromisse schließen, um in der Welt zu überleben
in der begrenzten Zeit, die uns gegeben ist.
Paulus erinnert daran, dass zumindest in der Kirche, aus dem Geist des Evangeliums ein Lebensfeld entstehen kann und soll, in dem Liebe
das Hauptgestaltungselement ist.
Gebet
Ewiger Gott, wir verstehen dein Evangelium nicht,
wenn Diener deiner Kirche Waffen segnen und Gewalt rechtfertigen.
Wir verstehen dein Evangelium nicht, wenn im innersten Kern deiner Kirchen
Macht und administrativer Kontrollwahn regieren,
wenn die Diener deiner Kirche unglaubwürdig sind in ihrem Verhalten
und 'Liebe', dieser wahrhaftige Inhalt gelebten Miteinanders,
zu einer Floskel verkommt.
Schenke den Verantwortlichen deiner Kirchen
Kraft zu neuer Hinwendung zu dir, o Christus und zu deinem Wort.
Stille
Herr erbarme dich…..
Wir zünden die 4. Kerze an für den folgenden Abschnitt aus dem 1. Brief des Paulus an die Korinther, Kap. 7,20 ff
Ein jeglicher bleibe in dem, darin er berufen ist. Bist du als Sklave berufen, sorge dich nicht, doch kannst du frei werden, so ergreife es viel lieber. Denn wer als Sklave berufen ist in dem Herrn, der ist ein Freigelassener des Herrn; desgleichen, wer als Freier berufen ist, der ist ein Knecht Christi. Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte.
Paulus will um der Freiheit willen keinen gewaltsamen Umsturz der sozialen Verhältnisse. Du kannst die Freiheit in Christus in jedem sozialen Stand leben. Selbst als Sklave. Aber dass die äußere Freiheit in jeder Weise der bessere Status ist, ist den Worten des Paulus unbedingt zu entnehmen. Und dass jeder, der andere Menschen versklavt sich fragen muß, ob das mit dem Verhalten eines Christenmenschen vereinbar ist, auch diesen Stachel hat Paulus mit seinen Worten gesetzt.
Gebet
Ewiger Gott, du hast uns in eine hohe Verantwortung gerufen.
Jede und jeder muss sich in Beruf und Stand fragen, ob das eigene Verhalten,
das eigene Denken und Reden dem Willen deines Sohnes Jesus Christus entspricht.
Halte in uns und den vielen dieses Fragen lebendig. Tag um Tag. Nacht um Nacht.
Wir bitten dich.
Stille
Herr erbarme dich…..
Wir zünden die 5. Kerze an für weitere Worte des Apostels Paulus aus dem 1. Kor. Brief 9,19ff
Denn wiewohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, auf dass ich ihrer viele gewinne….Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise etliche rette.
Paulus bricht eine Lanze für die Fähigkeit der Christen Verstehen zu ermöglichen mit allen Menschen, gleichgültig welche kulturelle, religiöse, politische und soziale Prägung sie haben. Der Hintergrund ist, dass Paulus davon ausgeht, dass die Frage unserer Identität geklärt ist. Wir sind in Christus. ER, Christus selbst, steht für unsereIdentität im Leben und im Tod. Wegen ungeklärter Identitäten und Freiheiten muss vor allem kein Krieg geführt werden. Vielmehr gilt es, auf das Intensivste selbst ein Verstehen meines ärgsten Feindes herzustellen und um Verstandenwerden zu ringenmit den Waffen des Geistes und des Wortes allein!!
Gebet
Vater im Himmel, wir bitten für alle inständig, die in Kriegen sich feindlich gegenüberstehen, hilf den Beteiligten, auf die Verhandlungsebene zurückzukehren. Lass wechselseitiges Verstehen wachsen. Alle sind wir Menschen, verletzlich, sehnsüchtig nach Liebe und Verstehen, angewiesen auf Frieden. Dass Menschen Menschen bleiben können, gerufen zu Barmherzigkeit und Liebe, dafür lass uns einstehen und um wechselseitiges Verstehen ringen auf allen Ebenen. Lass alle Menschen darin einig werden, sich gegenseitig am Leben zu lassen. In der Kraft deines Geistes. Amen
Stille
Herr erbarme dich….
Wir zünden die 6. Kerze an für weitere Worte des Apostels im Galater Brief 3,27f
Denn wie viele von euch auf Christus getauft sind, die haben Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Knecht noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allzumal einer in Christus Jesus.
Weiterer Begründungen der vollständigen Gleichberechtigung von Frauen und Männern bedarf es nicht. Weiterer Begründungen der vollständigen Gleichberechtigung aller Menschen, gleichgültig welcher Hautfarbe und kultureller Herkunft sie sind, bedarf es nicht.
Paulus hat sie in der Wahrnehmung des Wirkens Jesu in dieser Deutlichkeit grundgelegt.
2000 Jahre Geschichte des Christentums haben sie leider nicht überall durchsetzen können.
Gebet
Vater im Himmel, Ewiger, wir denken vor dir an die Frauen in Afghanistan, die unter der Herrschaft der Taliban in die Unsichtbarkeit verbannt werden sollen.
Welch ein Unrecht.
Wir denken an die Frauen und Mädchen in so vielen Ländern der Erde, denen das Recht auf Bildung und freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit verwehrt wird.
Welch ein Unrecht.
Wir denken an alle, die sich in die Ideologie verirren, es gäbe ein Vorrecht hellhäutiger Menschen gegenüber dunkelhäutigen Menschen, es gäbe ein Recht, dass ein Land einem anderen seine Staatsform und seine Politik mit Gewalt aufzwingen dürfe.
Welch ein Unrecht.
Wir klagen es dir.
Und bitten, hör nicht auf Ewiger, auf den Geist deiner Menschen Einfluß zu nehmen. Bleib uns zugewandt in deinem Wort und dass viele es verständlich machen in Klarheit und Verbindlichkeit.
Stille
Herr erbarme dich
Wir zünden die 7. Kerze an und widmen sie unserer Dankbarkeit und einem weiteren Wort aus den Paulus-Briefen, 2. Kor. 3,17
Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.
Immer noch und immer wieder dürfen wir auf die befreiende Gegenwart des Geistes Gottes hoffen und auf die verändernde Kraft seines Geistes in egal welchen Verhältnissen wir Menschen uns finden.
ER ist bei uns, stärkt in uns unser 'Sein in Christus'
und damit unsere unverlierbare Freiheit und Würde.
Jetzt ist Zeit und Gelegenheit, für Menschen und Situationen zu beten, die uns vor Augen sind.
Wer mag, kann seine persönlichen Anliegen und seine Dankbarkeit für diese Zusage mit uns allen teilen
……..
Stille
Ewiger Gott, in den Worten Jesu hast Du unsere schweifende Phantasie,
wer du für deine Menschen sein könntest durch die Jahrtausende
eingefangen und in Worte gekleidet, die uns in deinen Kirchen vertraut geworden sind.
Verstärke sie in unseren Herzen, wenn wir sie auch jetzt,
hier an diesem Ort beten
oder wo immer wir uns gerade finden:
Vaterunser
Segen
Der HERR segne dich und behüte dich.
Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der HERR erhebe sein Angsicht auf dich und
schenke dir Frieden.
Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten.
Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten,
denn du unser Gott alleine.