Friedensgebet 07. November
Ökumenisches Montagsgebet am Montag, dem 07. November 2022 als PDF zum Download von Christa Liedtke
Wir sind versammelt zum Montagsgebet – hier im Dom, wie auch zu Hause.
Gemeinsam tragen wir unsere Gedanken vor Gott.
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Mt.5,9)
Dieses Wort aus der Bergpredigt steht im evangelischen Kirchenjahr über dieser Woche. In einer Zeit, in der wir in den Kirchen unserer Verstorbenen gedenken und die Endlichkeit unseres eigenen wie allen Lebens in den Blick nehmen, blicken wir über das Ende hinaus, lassen uns von Gottes Wort den Horizont öffnen in eine neue Zukunft, der der Frieden und Wohlergehen die Zeit erfüllen. Diese Zukunft strahlt in unsere Gegenwart und bildet den Deutungshorizont für unser Tun.
In Jesus Christus ist diese Zukunft Mensch geworden und greifbar angebrochen. Er aber greift zurück auf die Hoffnung seines Volkes, die lebendig ist und klar. So wie im Propheten Micha:
In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, 2und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des HERRN gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 3Er wird unter vielen Völkern richten und mächtige
Nationen zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 4 Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des HERRN Zebaoth hat’s geredet.
Im Geiste dieser Botschaft wollen wir unser Leben führen,
stellen uns unter die Weisung des dreieinigen Gottes, sind versammelt:
In Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Denn unsere Hilfe steht im Namen des HERRN,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Ich bitte Sie, heute nach dem Gebet jeweils den Kehrvers: „Komm näher, Frieden!“ wiederholend aufzunehmen.
- Wir zünden die erste Kerze an – und müssen zugeben, auch wenn es uns unfassbar scheint: antisemitische Taten sind noch immer an der Tagesordnung. Alte Klischees werden noch immer übersehen und erste einmal hingenommen, wie auf der Dokumenta geschehen; Menschen jüdischen Bekenntnisses trauen sich mit ihren religiösen Symbolen wie der Kippa oder dem Davidstern als Anhänger zu Recht kaum auf die Straße und fühlen sich in Deutschland deutlichunbehaglicher als in anderen Ländern, wie Daniel Donskoy, Gastgeber der Show „Freitagnach Jews“ zugibt. Das Engagement von Menschen vor Ort, die Untaten des Holocaust warnend wach zu halten, wie hier in Billerbeck durch die Suwelack-Stiftung und viele engagierte Menschen, auch durch die Veranstaltung am Mittwoch, 09.11., 18.00 Uhr ausgehend vom Gedenkstein an der Langen Straße bleiben wichtig auf einem Weg, der ein friedliches Miteinander fest im Blick behält.
STILLE
Gott, der Du Israel zu Deinem Volk erwählt hast, bewahre dieses Dein Volk. Schütze jedes einzelne seiner Mitglieder vor Anfeindungen und Gewalt. Gib wachsame Sinne allen Menschen hier vor Ort und im ganzen Land, allen neuen antisemitischen Worten und Taten zu wehren. Lass wachsen ein Interesse aneinander, für einen gemeinsamen Weg in Deine Zukunft. Christen und Juden und darüber hinaus viele Menschen, die Dich noch nicht recht kennen, eint doch die Sehnsucht: Komm näher, Frieden!
„Komm näher, Frieden!“
- Wir zünden die zweite Kerze an –– noch immer tobt der Krieg in der Ukraine, fürchten Kinder wie Erwachsene sich des Tags und zittern in der Nacht, wenn sie die Geräusche des Krieges, Sirenen, entfernte Kämpfe und plötzlich einschlagende Geschosse hören. Noch immer fragen sich Geflüchtete in einem fort, wie es ihren Angehörigen zu Hause geht. Wir schauen auch nach Russland, wo eine freie Meinungsäußerung lebensgefährlich geworden ist und staatliche Propaganda die Sinne lähmt.
Gemeinsam stehen wir ratlos vor der Frage, warum Menschen das einander antun und vor allem: was am wirkungsvollsten getan werden kann, um der Aggression ein Ende zu setzen.
Und wir wissen bei diesen Gedanken, dass dieser Angriffskrieg derjenige ist, der uns am meisten bestürzt und wohl die weltweit größten Auswirkungen hat. Doch auch die Ereignisse im Iran rühren uns an, machen uns zugleich hilflos, traurig, wütend. Insbesondere Frauen, aber auch alle, die sich mit ihnen solidarisch zeigen, werden – auch noch mit einem religiösen Vorwand, verfolgt, bedroht, inhaftiert, bis zum Tode verurteilt. Die hässliche Fratze der Machtgelüste bricht sich unbarmherzig Bahn.
Gegen alle Gewalt auf der Welt leuchtet die Barmherzigkeit Gottes in jeder Tat, die auf den Menschen sieht, dem Menschen beisteht, ihm zum Leben verhilft, darauf bauen wir, wenn wir, je nach unserer Kraft selbst helfen und uns politisch einsetzen für den Frieden und einen respektvollen Umgang in dieser Welt.
STILLE
Gott, der Du das Böse siehst und gute Gedanken ins Herz senden kannst, wir bringen vor Dich das Leid der Menschen, die unter Krieg, Verfolgung und Flucht leiden. Wir bitten dich: Sei bei denen, die sich fürchten, die nicht ein noch aus wissen, die vor Sorge vergehen. Tröste mit Deiner Gegenwart, gib Frieden ins Herz, wo der Hass tobt. Sei bei allen, die Hilfe leisten, Hilf uns, mit langem Atem solidarisch zu sein mit den Leidenden in der Ukraine mit allem, was uns zur Verfügung steht. Lass uns die nicht vergessen, die an anderen Orten der Welt unter Gewalt und Ungerechtigkeit zu leiden haben. Gib Mut und schütze alle, die sich öffentlich für Verfolgte und für ein gerechtes Leben einsetzen. Komm näher, Frieden!
„Komm näher, Frieden!“
- Wir zünden die dritte Kerze an – und denken an die Menschen in Pakistan, wo noch immer ein Drittel des Landes von Wasser bedeckt ist nach dem großen Monsumregen. Dürre und Überschwemmungen lösen einander ab, den Menschen wird die Grundlage der landwirtschaftlichen Arbeit und damit ihre Existenzgrundlage entrissen. Hunger und Seuchen bedrohen die Menschen – und Hilfe ist oftmals gar nicht zugänglich. Unsere hochtechnisierte Welt, sie muss sich beugen vor der Kraft der Natur. Es ist nicht leicht und wir wissen auch im Vorfeld nicht um die Fehler, doch machen sich viele auf den Weg, Technik nun im Einklang mit der Natur einzusetzen, denn ohne Technik und Erfindergeist werden wir die Bevölkerung der Welt nicht ernähren können und ohne Rücksicht auf die Natur untergraben wir uns selbst die Lebensgrundlage. Deutlich ächten aber sollten wir alle, die nach wie vor nur darauf aus sind, Profit zu machen auf Kosten des Einklangs. „Sich die Erde untertan machen“ – das heißt doch, sie wie ein guter König zu hegen und zu pflegen zum Wohlergehen aller.
STILLE
Gott aller Güte und Treue, wir bringen vor dich diese geschundene Erde - und alle, die auf ihr hungern und dürsten nach dem Nötigsten zum Leben, die Menschen in Pakistan als Beispiel für Menschen in fast allen Erdteilen. Wir bitten dich um Erbarmen und um den ernsthaften Willen, etwas zu ändern an den Strukturen, die zu diesem Leid führen, an dem wir mit schuldig sind. Gib uns Kraft, aufmerksam hinzuschauen und Entschlossenheit, unseren kleinen Beitrag im privaten Handeln ebenso zu leisten, wie zu einem generellen Umdenken aufzurufen. Lass uns nicht resigniert wegschauen, sondern neue Wege finden. Auch im Zusammenspiel mit allem Leben auf dieser Erde gilt: Komm näher, Frieden!
„Komm näher, Frieden!“
- Wir zünden die vierte Kerze an - für alle Kinder auf dieser Welt. 11.000 Kinder leben in Jakarta auf der Straße, im kinderreichsten Land der Welt. Aber auch hier bei uns gibt es Straßenkinder. In Essen werden 120 offiziell gezählt, die Dunkelziffer ist höher. „Kindern gehört das Reich Gottes.“ hat Jesus einmal gesagt. Kinder großzuziehen, sie ins Leben zu begleiten ist eine wunderschöne Aufgabe, die uns das Leben mit anderen als Erwachsenenaugen sehen lehrt. Jeden Cent und jede Anstrengung sollte es uns Wert sein, Kinder zu schützen, ihre Rechte zu achten, sie zu schätzen, sie zu begleiten.
STILLE
Gott, der Du in Jesus Christus Kind geworden bist. Dir legen wir alle Kinder dieser Welt ans Herz: sieh sie segnend an, sende Menschen, die als Deine Arme sich schützend um sie legen, mache Menschen aufmerksam, die Sicht von Kindern und Jugendlichen als gute Impulse für eine Arbeit auf Zukunft hin zu achten. Kinder brauchen Frieden, Kinder können uns Mut machen, dem Frieden entschieden nachzujagen. Kinder weisen mit jedem vertrauensvollen Lächeln auf Deinen umfassenden Frieden hin. Komm näher, Frieden!
„Komm näher, Frieden!“
- Wir zünden die fünfte Kerze an – für Menschen, die von Trauer erfüllt sind in dieser Zeit, weil ein Mensch gestorben ist, der ihnen so viel bedeutete; weil in dunkler Zeit von dunklen Gedanken eingeholt werden; weil diese Zeit mit ihren Herausforderungen sie im innersten verunsichert. Im Predigttext für diesen Sonntag aus dem Römerbrief des Paulus (Röm 8, 18-25) wird uns Mut gemacht, an der Hoffnung festzuhalten, die wir noch nicht sehen können (aber als Sehnsucht umso deutlicher im Herzen spüren), uns daran zu orientieren, dass wir Kinder des barmherzigen und ewigen Gottes sind, der Frieden will für seine Welt. Das kann uns Mut machen, selbst nicht in resignative Trauer zu verfallen, aber auch Mut, Menschen anzusprechen und in Geduld zu begleiten, die den Hoffnungsstrahl gerade nicht sehen können.
STILLE
Gott, sende Deinen Geist, dass er Deine Menschen tröste. Sende Deinen Geist, dass er immer wieder neu uns Menschen bewegt, einander als Mitgeschöpfe zu betrachten, einander anzusehen und anzuhören, miteinander unterwegs zu sein; zu weinen, zu lachen, zu streiten und zu verzeihen, auf Versöhnung zu vertrauen, wie Christus sie bereit hält. Sende Deinen Geist und entfache ganz neu die lebensfördernde Kraft des Glaubens der Geschwister Christi in diesem Land und in dieser Welt. Komm näher, Frieden!
„Komm näher, Frieden!“
- Wir zünden die sechste Kerze an für Anliegen, die jetzt aus unserer Mitte kommen oder in der Stille vor Gott getragen werden.
Das Mikrophon ist aufgebaut und jede/r, der etwas sagen möchte, ist herzlich eingeladen, es mit uns hier in der Kiche zu teilen und vor Gott zu bringen. – Oder es in diesem Moment zu Hause Gott ans Herz zu legen.
Wir halten einen Moment der Stille und gedenken. STILLE
Gott, alle Güte nimm unsere stillen Gedanken an. Das, was wir noch nicht klar genug sagen können; das, was wir nicht laut sagen mögen, Dir aber anvertrauen, weil Du hörst, was wir nur stammeln, weil du in Wirkung setzt, was wir noch träumen, weil du Leben schenkst über Gewalt und Tod hinaus. Wir beten mit allen, die diesen Psalm je gebetet haben: Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.
Komm näher, Frieden!
„Komm näher, Frieden!“
- Wir zünden die siebte Kerze an - und wir danken Gott für alle, die sich immer wieder auf den Weg machen, denen zu helfen, die Hilfe benötigen: den Angehörigen, der Nachbarin, dem Freund. Wir danken für alle, sie sich dafür einsetzen, dass Unrecht und Ungerechtigkeit nicht verschwiegen werden, sondern benannt, und die unter der Verheißung des Friedens Gottes Wege (er-)finden, die Befreien und Leben schaffen.
Wir danken auf für jene, die sich jeden Tag ehrenamtlich mit viel gutem Willen und mit aller Kraft und Fähigkeit dem Alltag in guter Weise stellen, die zuhören und trösten; die ihre Arbeit stehen und liegen lassen, um im wichtigen Moment da zu sein. Wir danken für diejenigen, die beruflich alles geben, damit es anderen wieder gut geht; die sich nicht vom Zweifel übermann lassen, sondern sich aufraffen und öffentlich einbringen, damit die Hoffnung wächst und Trost die Herzen erfüllt.
STILLE
Gott, gütiger Vater, tröstender Bruder, belebender Geist, wir danken Dir für jeden Menschen, der sich an Deiner Verheißung orientiert, sich einsetzt für die Menschen auf Deiner Erde und den Frieden in der Welt im Vertrauen auf Deine Kraft, die im Schwachen mächtig ist.
In Jesu Namen beten wir gemeinsam:
Vater unser
Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen
Gesegnet seine Deine Wege, der Tag erhelle Dein Gesicht.
Ein frischer Wind Dein Herz bewege, es segne Regen Dich und Licht.
So segne dich der ewige Gott als Vater im Sohn durch den Heiligen Geist. Amen.
Lied: Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsren Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten; denn du, unser Gott alleine.
Viele kirchliche Veranstaltungen finden nun wieder statt.
Besonders einladen möchte ich an dieser Stelle auf Bitte von Pfarrer Thomas Ring:
zum „Gedenken für unsere ehemaligen jüdischen Mitbürger am 9.11. um 18 Uhr am Gedenkstein an der Kurzen Straße.
Wir verbinden das Gedenken an das vergangene himmelschreiende Unrecht ja auch immer mit
dem Bedenken gegenwärtiger Entwicklungen“, schreibt er.