Friedensgebet 05.09.2022
Ökumenisches Montagsgebet am Montag, dem 05. September 2022 als PDF zum Download von Renate Langenheder
Begrüßung und liturgische Eröffnung
Noch einmal halten wir heute Einkehr bei dem Profeten Jeremia.
Nachdem Jerusalem zerstört ist, 587 v. Christus,
und die Eliten deportiert sind nach Babylonien,
verbleibt Jeremia im Land bei den wenigen Bauern und Hirten,
bei den vereinzelten Frauen und Kindern,
die nicht in die Deportation gezwungen worden waren.
Unter dem von den Babyloniern eingesetzten Statthalter Gedalja,
einem Judäer, versuchen sie in dem nördlich von Jerusalem gelegenen Ort Mizpa
ihr Überleben zu organisieren.
Doch kaum eingesetzt, wird Gedalja ermordet von einem Verwandten
des judäischen Königshauses.
Die Rache der Babylonier fürchtend,
entschließen sich die restlichen im Land verbliebenen Menschen
zur Emigration nach Ägypten.
Jeremia spricht sich gegen das Auswandern aus.
In einem Gotteswort, das er erlauscht hat, sagt er denen, die ihn hören:
'Wenn ihr in diesem Land verbleibt, so will ich euch aufbauen und nicht einreißen,
euch einpflanzen und nicht ausreißen. Denn ich lasse mich des Unheils gereuen,
das ich euch angetan habe.
Fürchtet euch nicht vor dem König von Babel, vor dem ihr in Furcht seid;
fürchtet euch nicht vor ihm – ist Jahwes Spruch -
denn ich bin mit euch, euch zu helfen und euch aus seiner Hand zu retten.
Und ich erwirke für euch Erbarmen, dass er sich eurer erbarme
und euch in euer Land zurückkehren läßt.' (Jer. 42, 10-12)
Wir entzünden die 1. Kerze. Sie leuchtet für Gottes Willen, Unheil zu beenden.
Seit fast drei Jahren treffen wir uns hier montags zum ökumenischen Friedensgebet.
Manche mögen sagen: Warum beten? Laßt uns lieber was tun!
Beten nutzt doch nichts.
Mein Impuls, unser Impuls, immer wieder zu diesem Gebet einzuladen,
resultiert aus der biblischen Erfahrung, dass Gott hört und erhört und sich beeinflussen läßt
darin, wie ER auf die Gestaltung des Lebens auf dem Globus eingeht.
Den Profeten Jeremia läßt er sagen: Es reut mich das Unheil, das ich euch angetan habe.
Dieser Sommer 2022 gilt als der trockenste seit 500 Jahren in Europa.
Die großen Flüsse sind zu Rinnsalen geworden. Die Natur schreit nach Wasser. Riesige
Waldflächen sind verbrannt vor allem in Südeuropa. Gleichzeitig ertrinkt das Land Pakistan in den Wasserfluten.
Gebet
Ewiger Gott. Wir wissen, es ist menschengemacht, dass unser Klima aus den Fugen gerät. Halte uns nicht fest bei unserem Versagen. Bewahre uns Nischen des Überlebens auf unserem Globus. Bewahre uns die Bereitschaft, fremde Not zu lindern. Wecke in uns und in den vielen die Kraft zur Selbstbescheidung, nicht alles tun zu müssen, was geht.
Vater erbarme dich. Gesungen: Herr erbarme dich…. GL 157, EG 178.11
Stille
……..
Wir entzünden die 2. Kerze für den Kampf gegen die Menschenfurcht,
zu der uns Gottes Wort ermutigt.
Bleiben wir für einen Augenblick bei dem, was uns konkret Angst macht
in unserem persönlichen Leben
oder wenn wir auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sehen.
Halten wir Gott unsere Ängste hin,
jetzt in der Stille.
…..
Gebet
Ewiger Gott, in dir ist unser Leben aufgehoben, tiefer, umfassender als wir es je ermessen können. Dein Mit-uns-Sein umfaßt uns in jedem Aufgenblick unseres Lebens jetzt
und selbst im Tod.
Stärke uns in dieser Gewißheit und befreie uns von der Sklaverei unserer Ängste.
Befreie uns von der Menschenfurcht.
Du bist der Herr über Leben und Tod. Und du bist voll Erbarmen mit uns.
Gesungen: Herr erbarme dich!
Stille
………
Wir entzünden die 3. Kerze. Sie leuchtet für die Gewissensfrage so vieler:
Bleiben oder gehen.
Neuesten Schätzungen des UNHCR zufolge befinden sich 100 Millionen Menschen auf dem Erdball auf der Flucht.
In Billerbeck leben geschätzt etwa 400 Menschen mit Fluchthintergrund.
Sie hatten sich entschieden, ihre Heimatländer zu verlassen. Syrien, Iran, Irak, Afghanistan, Eritrea, Ghana, Nigeria, Ukraine.
In dem tiefen existentiellen Konflikt: Bleiben oder gehen, haben sie die schwerwiegende Entscheidung getroffen. Ich gehe. Wir gehen. (Fast die Hälfte der Geflüchteten sind
Kinder/Heranwachsende). Die, die gehen, haben entschieden, wir liefern uns dem
ungewissen Schicksal in der Fremde aus. Wir nehmen diese Abhängigkeit hin von den aufnehmenden Gesellschaften, mit denen wir nicht vertraut sind. Wir nehmen diese Entwurzelung hin, hoffen auf genug Energie, um irgendwo neu anzufangen.
Aus der Fluchtgeschichte meiner Schwiegermutter von vor 76 Jahren weiß ich,
dass das Trauma von Vertreibung und Flucht das Leben bis zuletzt prägt.
Gebet
Vater aller Menschen. So viele verlassen in größter Not ihr Zuhause, weil sie das Leben angesichts von Krieg und Gewalt, Verfolgung und Terror nicht mehr aushalten.
Wir achten den Mut, der sie zu dieser Entscheidung geführt hat und bitten dich
um ein offenes Herz für alle Zuflucht-Suchenden weltweit und hier bei uns in Billerbeck. Lass es den vielen gelingen, dass sie Fuß fassen in unserer Mitte,
dass Kontakte entstehen und Freundschaften.
Lass das selbstverständliche Miteinander wachsen, unter Kindern/Jugendlichen und
Erwachsenen, Einheimischen und NeubürgerInnen.
Gesungen: Herr erbarme dich…..
Stille
……..
Wir entzünden die 4. Kerze. Sie soll leuchten für alle, die verschleppt werden und in Lagern darben und geknechtet werden.
Von Jeremia hören wir, dass er seine Landsleute zum Bleiben ermutigen wollte.
Als das misslang, zwangen sie ihn, mit ihnen zu gehen in das damals gewählte Asyl
Ägypten. Dort verlor sich seine Spur.
Sein Schicksal ruft uns ins Gebet für die vielen Namenlosen, die gegen ihren Willen
verschleppt worden sind, UkrainerInnen, Rohinguas, Chinesen, Menschen aus Myanmar.
Wir denken an alle, die sich in Lagern in Russland befinden, weil sie in Opposition sind
zu Putins Regime.
Gebet
Ewiger Gott. Dass Menschen andere in ihre Gewalt bringen, scheint ein unausrottbares Phänomen menschlichen Lebens weltweit. Wir geben nicht auf, zu dir zu rufen,
dass du selbst den Gewalttätigen in den Arm fällst.
Wir geben nicht auf, zu dir zu rufen, dass du keinen vergessen mögest, der das Elend von
Isolation und Zwang erleiden muss, daran zerbricht und sich aufgibt.
Vater aller Menschen erbarme dich.
Gesungen: Herr erbarme dich…..
Stille
…….
Wir entzünden die 5. Kerze. Sie leuchtet für die Notwendigkeit, unser Leben offen zu halten für die biblische Botschaft.
Ich habe Euch in den vergangenen Wochen mit Jeremia bekannter gemacht und habe
versucht, einen Bogen zu schlagen von seiner Realität in unsere. Für mich ist der
Rückbezug auf die biblische Botschaft wie das Öffnen eines Auswegs aus den sich immer fester um uns schließenden Systemen, die immer weniger Menschen durchschauen und die doch immer herrschaftsmächtiger werden.
Der Ausweg, der aus dem dunklen Wort unseres Gottes auf uns zu leuchtet, hält in uns entschlossene Humanität, ethisch orientierte Ökologie,
und kluge, demütige Spiritualität wach.
Gebet
Herr Jesus Christus, der du uns, die wir zu den Völkern gehören, mit der Tradition deines jüdischen Volkes verbunden hast und uns einbezogen hast in dein Sein mit Gott. Du weißt um den inneren geistigen Zustand deiner Kirchen. Er läßt viele Wünsche offen und läßt
viele dazu neigen, der Kirche den Rücken zu kehren. Aber wir brauchen sie, die Mittler
deiner Botschaft. Wir brauchen die Boten deiner Kirchen, die mit Sachverstand und Liebe
dein Wort buchstabieren, stammeln, rufen, schweigen. Komm zu ihnen gnädig und wecke in ihnen eine neue Lust an deinem Wort, am Evangelium und wie es glaubwürdig zu leben sei.
Gesungen: Herr erbarme dich….
Stille
……..
Wir entzünden die 6. Kerze. Sie leuchtet für die Kraft zur Dankbarkeit im Alltag.
Es ist jetzt Gelegenheit, sich in der Stille neu darüber zu vergewissern, dass Dank unser Leben bestimmen darf. Geben wir unserem Dank Ausdruck vor Gott in der Stille.
Wer möchte, teilt mit uns seinen Dank vom Mikrophon aus, oder andere Anliegen,
die oben auf liegen.
……..
Gesungen: Herr erbarme dich
Wir entzünden die 7. Kerze. Sie leuchtet für Gottes Versprechen, mit seinem Volk einen neuen Bund einzugehen.
Wir lesen gleich den Text gemeinsam und sind dessen inne, dass diese Zeit des neuen Bundes noch aussteht für Juden und Christen. Diese Zeit wird sein, wenn der Messias kommt und sein Reich des Friedens Wirklichkeit ist für alle.
Dass wir einbezogen sind in diesen neuen Bund als Menschen, die zu Jesus Christus
gehören, verdanken wir allein der unendlichen Gnade Gottes.
Helfen wir einander, Juden und Christen, die Tür offen zu halten,
durch die der Messias kommen wird zur Vollendung der Geschichte der Völker und des Geheimnisses, das Gott in das Leben auf seiner Erde gelegt hat.
Diesen Auftrag haben wir, Juden und Christen gemeinsam.
'Seht, es werden Tage kommen – Spruch des Herrn – in denen ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde: Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Keiner wird mehr den andern belehren, man wird nicht zueinander sagen: Erkennt den Herrn! Sondern sie alle, klein und groß, werden mich erkennen – Spruch des Herrn.
Denn ich verzeihe ihnen die Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr.'
Jer. 31, 31,33-34)
Bis der Messias endgültig kommt, lasst uns in den Spuren Jesu bleiben und nicht nachlassen darin, seinem Gesetz in uns Wirkkraft zu geben.
Sprechen wir Jesu Worte, wie sie in unsere Sprache übersetzt sind:
'Vaterunser'
Segen
Der Herr segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Lied: Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten. Denn du unser Gott alleine.