Gottesdienst zum 4. Advent
von Prädikantin Esther Sühling als PDF zum Download.
4. Advent: Gottesgebärerin Maria – nicht unterwürfig – stolz!
Gerade zum 4. Advent bitte ich Sie und Euch die erste Kerze anzuzünden – und die Adventszeit einzuleiten – vielleicht indem sie auch das Lied hören: Wir sagen Euch an den lieben Advent
Biblischer Wochenspruch:
„Freut euch, was auch immer geschieht; freut euch darüber, dass ihr mit dem Herrn verbunden seid! Ihr wisst ja, dass das Kommen des Herrn nahe bevorsteht.“ Phil 4,4
Eröffnung:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
Magnificat Marias Lobgesang – nach der Verkündigung durch den Erzengel Gabriel als Maria bei ihrer Cousine Elisabeth war– als Psalmgebet
Meine Seele erhebt den HERRN,
und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilands;
denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder;
denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.
Und seine Barmherzigkeit währet immer für und für bei denen, die ihn fürchten.
Er übet Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er stößt die Gewaltigen vom Stuhl und erhebt die Niedrigen.
Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer.
Er denkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf,
wie er geredet hat unsern Vätern, Abraham und seinem Kindern in Ewigkeit.
Wir beten:
Gott, du kommst uns entgegen.
Gib, dass wir in dir finden,
was wir schon seit langem suchen:
Glaube, Liebe und Hoffnung.
Dass dein Friede in uns
und in der Welt
Wirklichkeit werde.
Lesung aus dem Evangelium bei Lukas im 1. Kapitel
26 … Der Engel Gabriel wurde von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, 27 zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. 28 Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! 29 Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das? 30 Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria! Du hast Gnade bei Gott gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. 32 Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, 33 und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. 34 Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Manne weiß? 35 Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. 36 Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, sie, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. 37 Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. 38 Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.
39 Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda 40 und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. 41 Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt 42 und rief laut und sprach: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! 43 Und wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe. 45 Ja, selig ist, die da geglaubt hat! Denn es wird vollendet werden, was ihr gesagt ist von dem Herrn.
Maria durch ein Dornwald ging
Weiterführende Gedanken
Wenn ich den Predigttext höre kommt meine Kindheit zurück – die große Stadtteilkirche, der katholische Kindergarten mit den Marienliedern – Maria breit den Mantel aus – im Urlaubsort auf dem Bauernhof, wo jeden Abend der Rosenkranz gebetet wurde – Gäste gerne gesehen. Monoton, beständig, immer wieder: Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. … der Satz den die Cousine Elisabeth Maria etwas später sagt, als sie sich aufmacht, sie zu sehen. Etwas Heiliges nimmt hier seinen Anfang, das war immer spürbar.
Und wie oft ich gehört habe: Maria hat sich untergeordnet, war demütig, das ist das Los der Frau. Damals habe ich schon gedacht: Sie hat wenigstens vorher gefragt, das in Frage gestellt. Erst als sie überzeugt war, erst dann hat sie ja gesagt. Und war mächtig stolz darauf. Sie sagt nämlich nachdem Elisabeth sie begrüßt hat: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Und dieser Lobpreis, dieser Ausdruck des Stolzes ist als sogenanntes Magnificat verewigt.
Stolz, ja. Nicht einfach nur dienstbereit und demütig … sie fühlte sich auserwählt. Und nicht die gefallene Jungfrau, die schwanger ist vor der Heirat. Die deswegen heiraten muss. Stolz darauf, etwas Besonderes zu sein. Gott hat sie groß gemacht. Und sie blickt nach vorne.
Maria wird gerade in der katholischen und orthodoxen Kirche sehr verehrt. In der orthodoxen Kirche heißt sie Gottesgebärerin. Leider hört für viele in der Kirche dann die Heiligkeit der Frauen auf. Das ist einseitig. Jedes Kind, egal ob es zu Mann oder Frau wird, ist heilig. Und jedes erwachsene Kind ist immer noch ein Kind Gottes. Maria hat Gott wörtlich zur Welt gebracht. Aber in jede und jeder von uns kann Gott zur Welt bringen. In sich. Nach außen. Immer wieder neu. Dafür muss ich keine Kinder gebären. Es ist eine Möglichkeit, aber nicht die einzige.
Was ist mit denen, die Kinder großziehen, was ist mit denen, die anderen helfen, ein Lächeln schenken, beitragen zum guten Miteinander. Gottes Liebe in die Welt bringen.
Gott ist Mensch geworden. Wir werden das in einigen Tagen feiern. Gott ist Mensch geworden, damit klar wird: Er ist einer von uns. Gott lebt in jedem von uns. Er ist nicht der Ferne, er ist der Nahe.
Das Mächtige, das Heilige lebt in uns – und auch wir gebären es immer wieder neu, bringen es ins Leben. Und dazu braucht es Vorbereitung. Dazu braucht es Wegführung und Hinterfragen. Und das Vertrauen in einem selbst und in Gott. Wie Maria es stolz verkündete.
Dass Gott in jedem von uns lebt,
dass jeder Fleck Erde uns Heimat sei,
jeder Mensch uns verwandt und Bruder ist,
dass das Wissen um diese göttliche Einheit alle Trennung in Rassen,
Völker, in Reich und Arm, in Bekenntnisse und Parteien als Spuk und Täuschung entlarvt —
das ist der Punkt, auf den wir zurückkehren,
wenn furchtbare Not oder zarte Rührung unser Ohr geöffnet und
unser Herz wieder liebefähig gemacht hat.
Herman Hesse.
Fürbittgebet
Gott, jedes Jahr feiern wir Deinen Geburtstag – jetzt haben wir die Vorfreude davor. Die Geschichte mit Deiner Menschwerdung zeigt, wie anders und unerwartet Du uns begegnest.
Wir danken Dir – dass Du uns das Wertvolle des Menschen zeigst. Dass Du uns Menschen wertgeschätzt hast, dadurch auch heilig gemacht hast, weil Du Mensch geworden bist.
Wir danken Dir Gott, für Dein Vertrauen in uns, an das wir uns jedes Jahr neu erinnern. Du hast Dich als kleines Kind uns Menschen anvertraut.
Wir bitten Dich: Lass uns unser Vertrauen finden und wiederfinden. Lass uns Deines Vertrauens als würdig erweisen.
Wir bitten Dich: Schenke uns Kraft, Trost und Halt für unsere Tage.
Wir bitten Dich: Öffne unsere Augen und Ohren für Dich.
In der Stille legen wir all unser Bitten, Danken und Loben in Deine Hände.
Mit Jesus beten:
Vater unser im Himmel. / Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. / Dein Wille geschehe wie im Himmel, / so auf Erden. / Unser tägliches Brot gib uns heute. / Und vergib uns unsere Schuld, / wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. / Und führe uns nicht in Versuchung, / sondern erlöse uns von dem Bösen. / Denn dein ist das Reich und die Kraft / und die Herrlichkeit in Ewigkeit. / Amen.
P.: Segen
Gott des Anfangs, des Werdens und Entstehen segne dich und behüte dich.
Der Gott, der Mensch geworden ist und unter uns lebt, der lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Gott des Wandels und der Überraschungen erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
So segne uns Gott, der Lebendige, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
Wer Vertonungen von dem Magnificat hören will:
Bach: Messe in B moll BMV 232
Taize:
Ein Lobpreislied: