Gottesdienst zum 27. Februar
von Pfarerin Renate Sturm-Wutzkowsky als PDF zum Download.
Liebe Mitchristinnen und Mitchristen,
Herzlich willkommen zum Gottesdienst@home am Sonntag Estomihi! Estomihi, das sind lateinische Worte aus dem heutigen Sonntagspsalm, Psalm 31: Du bist mein Fels und meine Burg. Gerade in diesen Tagen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine möchten wir Gott bitten: Guter Gott, sei uns ein Fels und eine Burg!
Der Wochenspruch dieser Woche steht im Lukas-Evangelium 18,31 und weist uns auf die beginnende Passionszeit hin: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
Wir feiern unseren Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Der Herr sei mit euch!
Lasst uns den Psalm diesen Sonntags, Psalm 31, zusammen lesen:
Gott, auf dich traue ich, lass mich nicht zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit! Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest!
Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.
Du wollest mich aus dem Netz ziehen, dass sie mir heimlich stellten; denn du bist meine Stärke.
In deine Hände befehle ich meinen Geist; Du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.
Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, dass du mein Elend ansiehst
und nimmst dich meiner an in Not, und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes;
du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist;
Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Lasst uns beten:
Hier bin ich Gott, vor dir, mit meiner Hoffnung und meiner Enttäuschung, mit meiner Sehnsucht und meinem Kummer. Hilf mir zu sehen, was du mir zeigen möchtest, hilf mir zu hören, was du mir sagen möchtest. Hilf mir, mich zu erkennen in deinem liebevollen Blick auf mich. Amen.
Lesung aus dem Markusevangelium, Kap. 8, 31-38
31 Dann begann Jesus, sie darüber zu belehren: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. 32 Und er redete mit Freimut darüber. Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen. 33 Jesus aber wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Tritt hinter mich, du Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen. 34 Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 35 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten. 36 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? 37 Um welchen Preis könnte ein Mensch sein Leben zurückkaufen? 38 Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommt. Halleluja! Du bist mein Fels und meine Burg! Halleluja!
Lasst uns miteinander unseren Christlichen Glauben bekennen:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Refr. //:Glauben heißt wissen, es tagt! Hell wird es, wenn man es wagt, das alte Leben zu verlier’n und neue Schritte zu riskier’n, in Jesu Namen – komm doch mit!://
Gott rollt den Stein von unserm Tod. Schon sehen wir das Morgenrot. Wer ihm gehört, sieht, dass es tagt, ein neues Leben wird gewagt, ein neues Leben wird gewagt. Refr.
Gott schenkt uns weiten Horizont, durch seinen Geist, der in uns wohnt. Komm doch heraus aus dem Versteck und nimm dein Leben Gott nicht weg, und nimm dein Leben Gott nicht weg! Refr.
Weil Jesus auferstanden ist, hält keine Macht der Welt uns fest, ihm zu gehorchen, zu vertrau’n und mit an Gottes Welt zu bau’n, und mit an Gottes Welt zu bau’n. Refr.
Gedankenimpuls
Dieses Bild ist eine Ikone aus einem ägyptischen Kloster aus dem 6. oder 7. Jh. Eine Ikone ist ein Heiligenbild, das orthodoxe Christen verehren. Es ist immer reich mit Gold hinterlegt und hat daher einen besonderen goldenen Schein.
Hier sind Christus und Menas dargestellt, Menas war Abt des Klosters Bawit in Ägypten, wo diese Ikone auch entdeckt wurde.
Christus – rechts – trägt eine dunkle Tunika und einen Umhang, in der linken Hand hält er ein kostbares Evangelienbuch, den Arm hat er Abbas Menas um die Schulter gelegt. Der ergraute Abbas Menas trägt ein helleres wüstensandfarbenes Gewand u hat eine Schriftrolle in der linken Hand, vielleicht die Klosterregel, während die rechte Hand zu einer Segensgeste erhoben ist.
Menas ist barfuß. Das besagt vielleicht, dass er standfest ist, erdverbunden. 4 Hände sehen wir. Die Augen sind bei beiden groß und weit geöffnet. Die großen Ohren von Menas zeigen: Er ist einer, der gut hört oder zuhört.
Eine Ikone, sagt man, ist ein Fenster zum Himmel, d.h. sie weist über die bloße Darstellung zweier Personen hinaus. Diese Ikone will im Bild zum Betrachter, also zu uns sprechen. Sie spricht von der Botschaft Jesu und von den Menschen, die seiner Botschaft vertrauen. Darum schauen uns die beiden, der Abt und Christus selbst, so intensiv an.
Welchen Titel würden Sie diesem Bild geben?
Diese Ikone wurde als Ikone der Freundschaft (l’icône de l’amitié) durch Frère Roger bekannt, er ist der Gründer der Christlichen Bruderschaft von Taizé. Er sah in der Geste des Umarmens die Freundschaft ausgedrückt, die Jesus Christus jedem Menschen anbietet. Jesus will ein Freund sein. Kein Lehrer, kein Vorgesetzter, kein Chef, sondern vor allem ein Wegbegleiter, ein Weggefährte, ein guter Freund.
In unserem Predigttext für heute geht es um „Nachfolge“. Was ist das und wie verstehen wir das heute? Ich möchte einmal Nachfolge als „Freundschaft“ interpretieren.
Freundschaft betrifft zwei Seiten. Einerseits bietet Jesus den Menschen seine Freundschaft und Wegbegleitung an. Viele biblische Geschichten berichten, dass Jesus ein guter Freund war. Er war ein Freund der Kinder und nahm sie ernst. Er war ein guter Freund für Menschen mit Handicaps, Menschen, die irgendwie „anders“ waren. Seine Freundschaft betrifft nicht nur Männer, sondern auch Frauen. Er war offen für Begegnungen auf Augenhöhe.
Und nun kommt die andere Seite: Freundschaft ist ja eine Sache von zwei Beteiligten. Freundschaft betrifft immer zwei. Was braucht eine Freundschaft? Z.B. Zuverlässigkeit, Vertrauen und Ehrlichkeit. Wenn eine Seite sich benachteiligt fühlt – zu viel zu geben und zu wenig zu bekommen – ist die Freundschaft gefährdet und wird nicht lange halten.
Was ist ein guter Freund, eine gute Freundin? Eine, auf die man sich verlassen kann. Der einen nicht verpetzt, nicht verrät, nicht schlecht über einen redet. Jemand, dem man vertrauen kann. Eine, die ein Geheimnis für sich behalten kann. Einer, der mir auch mal die Wahrheit zumutet und ehrlich zu mir ist.
Was wünscht sich Jesus für Freunde? Ich denke, Jesus wünscht sich Freunde und Freundinnen, die zu ihm halten. Z.B.: als es Jesus sehr schlecht ging – er hatte Angst und ahnte vielleicht auch, dass er sterben würde – bat er seine Freunde, mit ihm wach zu bleiben; aber seine Freunde schliefen ein. Und als er starb, da blieben nur einige Frauen bei ihm – die Freunde waren davongelaufen. Die Jünger waren Jesus lange sehr zuverlässig gefolgt; aber als es ernst wurde und Jesus in großer Gefahr war – da stand es auch mit der Freundschaft schlecht. Einer seiner Freunde verriet ihn sogar an die Behörden. Und ein anderer, nämlich Petrus, bestritt, dass er Jesus jemals gekannt hatte.
Ich frage mich, was ist Gottesfreundschaft heute? Gottesfreundschaft heute könnte z.B. heißen: Wir reden nicht schlecht von Gott. Wir reden nicht schlecht von Menschen, die an Gott glauben. Wir verachten keine Religion, die sich mit Gedanken des Friedens und der Versöhnung, mit der Liebe zum Nächsten, mit der Wertschätzung von Kindern, mit der Würde aller Menschen befasst.
Wir sprechen keinem Menschen seine Würde ab, nicht, wenn er krank oder straffällig ist, wenn er sexuell anders orientiert oder ein Mensch mit Migrationshintergrund ist. Gottesfreunde setzen sich für Frieden und Verständigung ein. Und sie bleiben da, wenn es jemand besonders schwer hat oder er in Gefahr ist.
Ich möchte Ihnen zum Schluss noch ein Beispiel für eine Gottesfreundin erzählen. Sie war Holländerin und Jüdin, geboren 1914. Ihr Name ist Etty Hillesum. Sie ist bekannt geworden durch die Tagebücher, die sie zwischen 1941-1943 schrieb. Darin beschäftigt sie sich mit ihrem Glauben an Gott. Sie schrieb: Man muss sich um Gott kümmern. „Nur dies eine wird mir immer deutlicher: daß du (Gott) uns nicht helfen kannst, sondern daß wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns letzten Endes selbst. Es ist das einzige, auf das es ankommt: ein Stück von dir in uns selbst zu retten, Gott. …wir müssen deinen Wohnsitz in unserem Inneren bis zum Letzten verteidigen….“
Etty Hillesum hat durch ihren Glauben eine Dimension von Hoffnung und Liebe in ihrem Leben gewonnen, die sie nicht zerbrechen oder verzweifeln ließ am Leben und an dieser Welt.
Entscheidend ist letzten Endes, wie man das Leiden, das in diesem Leben eine wesentliche Rolle spielt, trägt und erträgt und innerlich verarbeitet und daß man einen Teil seiner Seele unverletzt über alles hinwegrettet.“11
Eine unverletzte Seele – das ist das, was in unserem heutigen Predigttext so ausgedrückt wird: nicht Schaden an seiner Seele nehmen.
Etty Hillesum wurde am 30.11.1943 in Auschwitz ermordet. Eine letzte Postkarte konnte sie schreiben und aus dem Zug nach Auschwitz werfen. Bauern haben sie gefunden und weitergeleitet. Da schreibt sie:
… ich schlage die Bibel an einer willkürlichen Stelle auf und finde: Der Herr ist meine starke Burg. Ich sitze mitten in einem überfüllten Güterwagen auf meinem Rucksack. Vater, Mutter und Mischa (einer ihrer Brüder) sitzen einige Waggons entfernt. …Singend haben wir dieses Lager (Westerbork) verlassen, Vater und Mutter sind tapfer und ruhig. Mischa ebenfalls. Wir werden drei Tage auf der Reise sein … Auf Wiedersehen von uns vieren. Etty.
So wie Etty Hillesum unsere Freundschaft zu Gott zu pflegen und gerade in schwierigen Zeiten immer wieder das Gespräch mit Jesus, mit Gott als Freund zu suchen – das ist Nachfolge.
Ich lade Sie ein, noch eine Weile auf die Ikone zu schauen und mit ihr in ein Gespräch zu kommen. Möchte Christus etwas zu Ihnen sagen? Oder möchten Sie diesem Christus etwas sagen?
Stille
Lieber Gott, die Freundschaft mit dir ist nicht einfach. Dass du schweigst, macht mir Mühe. Dass du nicht eingreifst und nicht hilfst, macht mich traurig. Bleib bei mir, Herr Jesus Christus, auch in meinen Zweifeln und Ängsten. Mach mir Mut, an dir festzuhalten gegen alle Enttäuschung. Ich bitte dich: Bleibe als guter Freund mit mir unterwegs. Amen.
Fürbitte
Liebe Schwestern und Brüder, lasst uns heute insbesondere für die Menschen in der Ukraine beten: Dazu schreibt uns Frau Präses Kurschus:
„Erschüttert und sprachlos stehen wir vor den Angriffen auf die Ukraine. Unsere Gedanken und Gebete sind mit den Menschen, die nun um Leib und Leben fürchten und die erleben, wie Leid und Tod in ihre Städte und Dörfer einziehen.
Zur Angst vor weiterer militärischer Eskalation und sich ausbreitendem Krieg und zu unserem Mitgefühl mit den Menschen in den umstrittenen Gebieten tritt die Sorge um die Grundlagen des Miteinanders der Völker in Europa und um die internationale Ordnung, wie sie sich zwischen den Staaten seit dem friedlichen Ende des kalten Krieges entwickelt hat. Wir sind überzeugt: Waffengewalt werden Leid und Unrecht nur vergrößern. Auch jetzt darf das diplomatische Gespräch mit Russland nicht abreißen. …Die Kraft und der Wille zum Frieden muss nicht nur bei den Regierenden wachsen; es ist wichtig, dass sie auch bei denen gefördert wird, die regiert werden.
Als Christinnen und Christen glauben wir: „Gott ist ein Gott des Friedens“.
Wir beten für die Verantwortlichen auf allen Seiten um Einsicht und Besonnenheit, um Mut zu Umkehr und Gerechtigkeit, und wir stehen ein für die Hoffnung auf neue Wege zu einem Miteinander der Völker, das berechtigte Interessen ausgleicht und zugleich geltendes Recht stärkt und bewahrt.
Mit unseren Partnerkirchen, Christen in Russland und der Ukraine, in Polen und im Baltikum und mit allen Menschen guten Willens wissen wir uns versöhnt durch den Gott des Friedens.“
Lasst uns einen Moment schweigen und für den Frieden in der Ukraine beten. Vielleicht mögen Sie dazu eine Kerze anzünden als Zeichen des Friedens und als Friedenslicht.
„Gib Frieden, Herr, wir bitten! Die Erde wartet sehr. Es wird so viel gelitten, die Furcht wächst mehr und mehr. … Gib Mut zum Händereichen, zur Rede, die nicht lügt, und mach aus uns ein Zeichen dafür, dass Friede siegt.“
Lasst uns miteinander beten wie uns Jesus gelehrt hat:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Lasst uns gehen mit dem Segen Gottes:
Gott segne uns mit der Weite des Himmels, segne uns mit der Wärme und dem Licht der Sonne, segne uns mit der Frische des Wassers. Gott segne uns mit der Kraft und mit der Sanftheit des Windes. Es segne und behüte uns der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Hl. Geist. Amen.
Lassen Sie uns weiter für den Frieden in der Ukraine beten!
Ich wünsche uns allen eine gute und gesegnete neue Woche.
Ihre Pfarrerin Renate Sturm-Wutzkowsky