Gottesdienst zum 24. Oktober
von Pfarerin Dagmar Spelsberg-Sühling als PDF zum Download.
Wochenspruch: Röm 12,21
Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege Böses mit Gutem.
Eröffnung:
Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes. Amen.
Gebet:
Ja, Gott, Gutes und Böses umgeben uns. Frieden ist schon in unseren kleinen familiären Bezügen leicht zerbrechlich.
Und dann ist da unser Zorn, den wir manchmal verspüren:
wenn unsere Bedürfnisse nicht gesehen werden,
wenn uns Unrecht geschieht – das kommt ja durchaus vor,
wenn wir uns ohnmächtig ausgeliefert fühlen bei Entscheidungen
in der Stadt oder im Land,
wenn wir überfordert sind vom Zeitgeist oder dem Alter,
oder oder…
Es gibt aber auch das andere, Gott: da sind wir unzufrieden, weil wir den Mund nicht aufgemacht haben bei einem Unrecht das uns oder anderen widerfuhr…
Gutes und Böses umgeben uns. Hilf uns, dass wir das Böse überwinden und das Gute mehren.
Lass uns durch Dein Wort Stärkung erfahren, Klarheit, Mut und Leichtigkeit.
Amen
Lied zum anhören und mitsingen:
Dona nobis pacem – Herr Gib uns Deinen Frieden
Halleluja: Psalm 101,1
Von Güte und Recht will ich singen und dir zu Ehren, Herr, auf der Harfe spielen.
Text aus der Bibel: Matthäusevangelium 10,34-39
34 »Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. 35 Ich bin gekommen, um ›den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; 36 die eigenen Angehörigen werden zu Feinden‹. 37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. 38 Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. 39 Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.«
Zum Mit- und Weiterdenken:
1.
„Du bist jetzt in Billerbeck in der Gemeinde: da ist doch diese streitlustige Pastorin, vor der die Ausländerbehörden Angst haben“ – vermutlich Renate Langenheder….
Bewunderte sie das? Oder war da ein kritischer Unterton?
„Christen dürfen nicht streiten!“, sagte mein Opa, „Jesus will das nicht!“ Heute weiß ich: Er hätte es besser wissen müssen, denn er war dabei, als die Christen der Bekennenden Kirche gegen die Hitler-treuen deutschen Christen und die Menschenverachtung damals gestritten und argumentiert haben.
Doch ich lernte als Kind von ihm und meinen Eltern: „Der liebe Gott will, dass Du lieb bist und folgsam“, und „falle bloß nicht auf nicht auf. Gott will Frieden!“ und „Gott ist Liebe. Wer streitet verliert Gott.“
34 »Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
Würden Sie auch denken: „Das hat Jesus nie gesagt! kann gar nicht sein!?“?
Das hat Jesus gesagt. Sagt das Matthäus und …
Er hat wirklich nirgendwo gesagt: seid schön lieb und brav und fall nicht auf. So ein Mist.
2.
Zur Unterstützung mit den kleinen Enkeln war sie ihrer Tochter gefahren. Nach zwei Tagen wollen sie in ein Restaurant, in dem 2G gefragt ist. Die Tochter ist nicht geimpft, die Mutter schon. Also geht das nicht. „Alle verachten mich! Ich bin angeblich ein Volksgefährder, weil ich mich nicht impfen lasse!“ schreit die Tochter, „aber Du, Du lässt Dir einreden, was die da oben meinen und hängst Deinen Verstand an den Nagel!“
„Entschuldige mal,“ schnappt die Mutter nach Luft „Impfen ist für mich Sorge für die Nächsten! Gerade in der Kirche haben sie das auch gesagt“ Die Mutter spürt sich rechtfertigen zu müssen. Das macht sie wütend: „Wenn mehr Leute geimpft wären, könnte das Virus nicht motieren! Ihr mit Euer eingebildeten Angst vor dem Pieks!“ schreit sie.
„Ich bin kein Impfgegner!“ giftet die Tochter zurück. „Ich fühle mich nicht mehr willkommen in diesem Land! Es ist wie… ja es fühlt sich an, als würde ich mit einem Judenstern rumlaufen! Stigmatisiert! Jeder darf mich verachten!“
Die Mutter erstarrt. „Also wie kannst Du…“
Doch die Tochter verlässt türknallend den Raum. Beide sind tief verletzt. Ohne auf die Rückkehr der Enkelkinder vom Spaziergang mit Papa zu warten, fährt sie ab.
35 Ich bin gekommen, um ›den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; 36 die eigenen Angehörigen werden zu Feinden‹.
3.
Menschen streiten sich und zerstreiten sich. Gerade heute erleben viele Streits wie diese. Drohungen gegen Politiker. Schmähreden der AfD. Hassreden im Internet. Radikalisierung.
Gottseidank zeigen gerade die Parteien in den Sondierungsgesprä-chen mal keinen Streit. Das tut gut, denke ich bei den Nachrichten.
Streit verstört. Umso mehr, wenn man gelernt hat, man darf nicht streiten. Es gibt aber auch solche, die lieben Streit: sie fühlen sich dabei erst richtig, und zwar lebendig und kraftvoll.
Jesus hatte da offensichtlich ein realistischeres Menschenbild als ich. Streit ist nötig.
Menschen haben verschiedene Bedürfnisse: die einen brauchen Sicherheit, weil sie eher ängstlich sind, die anderen Freiheit… im Individualismus darf jeder sein, und der Anspruch ist, dass wir jeden ernst nehmen. Auch wenn es nicht immer zueinander passt. Dann ist es schwierig und manchmal muss man abwägen und streiten. Darum lernen wir ja, Bedürfnisse anderer zu erkennen, einander wertzuschätzen, uns und anderen ehrlich zu begegnen; lernen Dinge wie gewaltfreie Kommunikation.
4.
Wann lohnt es sich zu streiten?
37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein.
Jesu Familie wollte nicht, dass er sich unbeliebt macht, wenn er für Gott eintrat. Er will und wird weiter vom echten wahren Leben reden. Vom Wert eines jeden Menschen. Er wird nicht still sein und bloß nicht auffallen, nur weil seine Eltern dies gern hätten.
Bei seinen Worten und den Heilungen, die durchaus Furore machten, geht es um alles: um Gott, um Freiheit und Entfaltung. Von Anfang an hat Jesus für Streit gesorgt. Für die einen ist er der Heiland, für die anderen war und ist er ein Ungläubiger, oder ein Umstürzler, der beseitigt werden muss.
Unserer iranischen Gemeindeglieder wissen das. Wenn sie in ihrem Heimatland an Jesus glauben wollten, wurden sie schikaniert, und sogar verfolgt oder ermordet. Einige von ihnen verstehen jetzt gar nicht, warum wir nicht kämpferischer sind gegen alle, die Christen oder Gerechtigkeit und Liebe suchende Menschen verfolgen und töten. Dass wir hier Hasspredigten erlauben und den Ruf des Muezzins, solange Frauen unterdrückt und Christen im Islam verfolgt werden.
38 Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. 39 Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.«
Wenn man lieb und brav ist und sich unterordnet, verliert man am Ende sein Leben. Und noch viel mehr. Die Freiheit. Die Liebe. Vielleicht diese wunderbare blauen Planeten.
Jesus jedenfalls war durchaus streitbar! Er kämpfte für das Herz, die Mitmenschlickeit, den Respekt, das Heilwerden. Dafür, dass wir leben!
Jesus stritt dabei fair, und ohne Waffen zu gebrauchen und ganz ohne Angst.
Dabei schreckte er vor nichts zurück, auch nicht vor dem Tod.
Hätten Sie das gedacht?
Gebet zum Mit – und Weiterbeten:
Gott des Lebens, wir finden uns
hineingestellt in diese Welt, die voller Wunder ist.
In einer Woche beginnt in Glasgow die Weltklimakonferenz.
Dort braucht es ganz besonders deinen Heiligen Geist,
damit die Verständigung gelingt, und die nötigen Entscheidungen getroffen werden, damit unseren Kinder eine Zukunft haben.
Wir möchten danken für alle, die uns mahnen, deiner Schöpfung zu dienen.
In diesen Wochen wird eine neue Bundesregierung gebildet.
Auch dort ist dein Geist, Gott, nötig,
damit die Gerechtigkeit und das Wohl der Menschen im Blick ist.
Danken dürfen wir für die Freilassung von Nassima A-Sadah, Frauenrechtlerin in Saudi-Arabien.
Wir verbinden uns in deinem Namen, Gott, mit Menschen wie Yonny Ronay, 22 Jahre, Student in der Provinz Chiapas /Mexiko, und Mohamed Lamine Haddi, Journalist und Menschenrechtsverteidiger seit 2010 in Marokko inhaftiert, die unschuldig schreckliches leiden, weil sie für die Wahrheit eintreten.
Wenn wir mit so undenkbaren Vorkommnissen und Menschenrechtsverletzungen konfrontiert werden, suchen wir selbst nach Kraft und Trost bei Dir, Gott, stellvertretend für die Menschen, denen so schlimmes durch staatliche Willkür geschieht.
In kleinerem Maß, aber dennoch belastend müssen wir jeden Tag viele Auseinandersetzungen bestehen. Da brauchen wir Deine Kraft, damit wir nicht verstummen, nicht gemein und nicht laut werden, sondern klar und nachhaltig für Gutes sorgen.
In der Stille beten wir weiter, dankend und hoffend, für das uns was wichtig ist….
Lied zum anhören:
Wir beten mit Jesus:
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.
Segen:
Gott, segne uns und behüte uns.
Gott, schütze unser Leben und bewahre unsere Hoffnung.
Gott, lass dein Angesicht leuchten über uns,
dass wir für andere leuchten können.
Gott, erhebe dein Angesicht auf uns
und erhebe unsere Herzen zu dir,
dass wir Halt und festen Boden unter den Füßen finden
im Vertrauen auf dich.
Amen.
Die heutige Kollekte ist für die Hilfe zur Integration von Migranten.
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