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Gottesdienst zum 2. Advent

von Pfarrer Thomas Ring als PDF zum Download.

Biblisches Votum zum 2. Advent, 5.12.2021

„Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“
(Psalm 21, 28)

Eröffnung

Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes.
Amen.

Gebet

Guter Gott,
Wir gehen in die zweite Woche einer neuen Adventszeit.
Die letzten beiden Jahre haben in uns Spuren hinterlassen.
Wir mussten Menschen gehen lassen,
Beziehungen in Entfernungen leben,
Selbstverständliches aufgeben.
Mit all diesen ganzen Erinnerungen
sind viele persönliche Erwartungen verknüpft.
Bist du der Gott des Lebens?
Der Ewige und Lebendige?
Wir wagen sie vielleicht in diesen Tagen
nur zaghaft auszusprechen,
die Hoffnung,
dass grundlegende Veränderungen möglich sind und kommen.
Das Kommen deines Sohnes, das ist ein Hoffnungsfunke,
der uns trägt, der ansteckt mit Lebenswillen, Mut und einem Herzen, das für dich brennt.
So wollen wir aufbrechen, die Türen aufmachen,
damit du kommst.

Lied zum Sonntag

  1. Er ist gerecht, ein Helfer wert; Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
    sein Königskron ist Heiligkeit, sein Zepter ist Barmherzigkeit;
    all unsre Not zum End er bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
    Gelobet sei mein Gott, mein Heiland groß von Tat.
  2. O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat.
    Wohl allen Herzen insgemein, da dieser König ziehet ein.
    Er ist die rechte Freudensonn, bringt mit sich lauter Freud und Wonn.
    Gelobet sei mein Gott, mein Tröster früh und spat.


Ein Text aus der Bibel

Schau doch vom Himmel herab, wo du in Heiligkeit und Pracht wohnst!
Wo sind deine brennende Liebe und deine Macht?
Dein großes Mitgefühl und deine Barmherzigkeit – wir merken nichts davon. Du bist doch unser Vater!
Abraham weiß nichts von uns und Israel kennt uns nicht.
Du, HERR, bist unser Vater, „unser Befreier“ – das ist von jeher dein Name.
Warum lässt du uns in die Irre gehen, sodass wir deinen Weg verlassen, HERR?
Warum machst du unser Herz so hart, dass wir keine Ehrfurcht mehr vor dir haben?
Wende dich uns wieder zu!
Wir sind doch deine Knechte, wir sind die Stämme, die für immer dir gehören.
Für kurze Zeit wurde dein heiliges Volk vertrieben, unsere Feinde traten dein Heiligtum mit Füßen.
Es geht uns, als wärst du nie unser Herrscher gewesen.
Es ist, als wären wir nicht nach deinem Namen benannt.
Ach, reiß doch den Himmel auf und komm herab, sodass die Berge vor dir beben!
Komm wie ein Feuer, das trockene Zweige in Brand setzt und Wasser zum Kochen bringt!
Zeig deinen Feinden, wer du bist.
Völker sollen vor dir zittern.
Denn du vollbringst gewaltige Taten,
die all unsere Erwartungen übertreffen.
Komm doch herab, sodass die Berge vor dir beben!
Noch nie hat man so etwas vernommen, noch nie hat jemand davon gehört. Kein Auge hat jemals einen Gott wie dich gesehen:
Du tust Gutes denen, die auf dich hoffen.
(Jesaja 63, 15 – 64, 3)

Gedanken zum Weiterdenken

„Mind the gap“. Wer schon mal in London war, kennt diesen Sicherheitshinweis. Insbesondere in der U-Bahn ist er auf Schildern zu sehen und als Durchsage zu hören. „Mind the gap“ – „Achte auf die Lücke“ zwischen dem Bahnsteig und der Türschwelle der Bahn.
Der zweite Advent ist auch so ein Hinweis: „Achte auf die Lücke!“ Gerade jetzt in dieser besonderen Zeit von Familie, Weihnachtsbäckerei, stimmungsvoller Musik. Die Adventszeit ist wunderbar und lässt uns manchmal meinen, dass unser persönliches Glück selbstverständlich ist: das warme Haus, die gesunde Familie, das sichere Gehalt. Es ist aber nicht selbstverständlich. Es gibt diese Lücke.
Ich sehe sie in den Augen von jungen Menschen, die erschöpft sind von Homeschooling und Kontaktverboten. Ich erkenne sie in den Nachrichten über Kinder, die in den Coltan-Minen des Kongo schuften, über gekenterte Schlauchboote im Mittelmeer oder Ärmelkanal, über skrupellose Autokraten in Syrien oder Belarus, die über Leichen gehen. Hilflos stehen wir vor dem tausendfachen Leid, sei es aus Naturkatastrophen oder menschengemacht. Die Welt scheint voll von Schmerz und Tod, großem und kleinen Unheil. Wir verfolgen die Nachrichten und die Nachrichten verfolgen uns. Und wo ist Gott? Wie kann er denn über die Not, das Leiden und das Unrecht hinwegsehen? Warum greift er nicht ein? Kennen Sie solche Momente in Ihrem Leben? Kennen Sie solche Fragen? Dann sind Sie nicht allein.
„Warum greifst du nicht ein, Gott?“ – Das fragt sich schon der Prophet Jesaja. Ungeduldige, zornige Worte haben wir von ihm gelesen. Sie sprechen von diesem dunklen Spalt im kerzenbeschienenen Advent. Da ist Wut, weil Gott nirgends zu sehen ist. „Schau doch herab von deinem Himmel, Gott! Übersieh uns doch nicht länger. Sieh hin. Sieh den Schmerz, das Unrecht, die Verlassenheit.“ Ungeduldig, brodelnd sind diese Worte, weil nichts zu sehen ist, das das Unglück wenden könnte. Da ist die Sehnsucht, dass Gott das Leid nicht länger geschehen lässt, dass er doch endlich eingreift und all dem Schrecken und der Ungerechtigkeit ein Ende setzt. Und da ist dieser Schrei: „Schau doch herab! Lass dich sehen! Komm!“
Auch das ist Advent. Das Schreien: „Komm! Komm zu uns, Gott! Komm, wir brauchen Dich!“
Advent, das ist eben nicht nur Kerzenschein und Familienglück in der Weihnachtsbäckerei. Advent ist ein Blick auf die Dunkelheiten des Lebens, ist der Schmerz, dass da eine klaffende Lücke ist, dass ich manchmal die „große, herzliche Barmherzigkeit“ des Himmels eben nicht spüre, nicht erlebe. Advent ist warten und klagen: „Wo bist du Gott? Warum gibt es so viel Not, Unrecht, Niedertracht? Warum greifst du nicht ein?“
Das sind scharfe Worte. Aber der Prophet bleibt im Kontakt mit Gott.
Advent ist Warten auf Gott und dabei den Kontakt nicht abreißen lassen. Mit Gott im Gespräch bleiben: laut und anklagend und manchmal auch erschöpft, entmutigt, seufzend. So wie es Jesaja hier tut. Neben seiner Anklage steht auch dieser Seufzer: „Ach!“ – „Ach, reiß doch den Himmel auf und komm herab.“
Der Prophet betet. Er klagt laut. Er klagt Gott an. Seine ganze Verbitterung, seine Wut knallt er Gott vor die Füße. Seine Resignation, seine Enttäuschung legt er in einen tiefen Seufzer. Aber gerade deshalb erstickt er nicht daran. Und vielleicht ist das auch der Grund, dass da trotz allem ein kleiner sehnsüchtiger Funke Hoffnung glimmt: „Du bist doch unser Vater, unser Erlöser.“
Advent. Das ist das sehnsüchtige Warten, dass Gott endlich kommt und dass mit seinem Kommen etwas passiert in der Welt.
Und bis dahin? Feiern wir Weihnachten?
Ja!
Denn mit Weihnachten kennen wir zumindest schon den Anfang der Geschichte. Da hat sich der Himmel schon geöffnet. Da haben Augen gesehen und Ohren gehört: Gott ist da. Hier bei uns. Im Dreck des armseligen Stalles und im Elend unserer Tage
Aber zugleich ist die Geburt Jesu in Bethlehem erst der Anfang dieser Geschichte, die noch nicht zu Ende gekommen ist. Noch kein Happy End. Noch spüren wir diese klaffende Lücke in der Welt. Noch warten wir auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Noch sehnen wir uns danach, dass Gott abwischen wird alle Tränen. Noch sind wir nicht am Ziel. Noch beten wir: „Advent! Komm, Herr Jesus! Zerreiß‘ den Himmel und mach‘ ein Ende mit Unrecht und Elend, Leid und Tod.“

Bitten zum Weiterbeten

Ewiger und Lebendiger,
wir leben in dieser Welt, die so hinreißend schön ist,
und auch so zerrissen.
Darum rufen wir zu dir und bitten dich:
Für unsere Erde, die du, Gott, geschaffen hast mit allem, was darauf lebt,
dass du sie als gute Heimat deiner Geschöpfe erhältst,
und dass du uns Menschen Einsicht schenkst in ihre Bedrohtheit und uns davor bewahrst, deine Schöpfung zu missbrauchen und zu zerstören.

Für die zerstrittene und leidende Welt, in der Konflikte im Kleinen und im Großen das Leben und die Gesundheit von so vielen Kindern, Frauen und Männern bedrohen,
dass du, Gott, in uns den Willen zum Frieden stärkst und die Erkenntnis wachsen lässt, dass Bereitschaft zum Kompromiss und Verzicht Lösung und Erlösung bringt.
Für alle Menschen, jung und alt, die sich so sehr nach Gemeinschaft und Nähe sehnen, dass sich ihre Seele danach verzehrt,
dass wir nach Wegen suchen und Möglichkeiten finden, wie wir trotz Pandemie und Ängsten einander nah und vertraut sein können.
In der Stille nehmen wir uns Zeit und bringen vor dich, was uns heute ganz persönlich bewegt.
. . . . . . . . .
Und wir beten zu dir mit Worten, die Jesus uns geschenkt hat:

Mit Jesus beten

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.

Segen

Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen.
Wir wissen dich auf deinem Thron und nennen uns die Deinen.
Wer an dich glaubt, erhebt sein Haupt und siehet dir entgegen;
du kommst uns ja zum Segen.

So segne uns der gnädige und allmächtige Gott,
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

Amen.