Gottesdienst zum 01. Mai
von Pfarrer Thomas Ring als PDF zum Download.
Biblisches Votum zum Sonntag Misericordias Domini
„Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“
(Johannes 10, 11+27–28)
Eröffnung
Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes.
Amen.
Gebet
Jesus Christus,
du bist unser guter Hirte.
Du stellst uns auf grüne Wiesen
und führst uns zum frischen Wasser.
Weil du für uns da bist, können wir leben.
Du gibst uns, was wir zum Leben brauchen:
Menschen, die sich um uns kümmern,
Menschen, die das Leben mit uns teilen,
Menschen, die uns in deinem Namen Hoffnung machen.
Wir spüren:
in den Menschen, die uns guttun, bist du uns immer nahe.
Und selbst, wenn sich die Sorgen
einmal um uns auftürmen wie hohe Berge
und wir uns in den Tälern unserer Angst zu verlieren drohen,
bist du bei uns und führst uns heraus ans helle Licht,
in die wärmende Sonne deiner Liebe.
Denn du, Jesus, bist unser guter Hirte. Heute und in Ewigkeit.
Amen.
Lied zum Sonntag

- Er kennet seine Scharen am Glauben, der nicht schaut
und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget und durch das Wort sich nährt
und vor dem Wort sich beuget und mit dem Wort sich wehrt. - Er kennt sie als die Seinen an ihrer Hoffnung Mut,
die fröhlich auf dem einen, dass er der Herr ist, ruht,
in seiner Wahrheit Glanze sich sonnet frei und kühn,
die wunderbare Pflanze, die immerdar ist grün. - Er kennt sie an der Liebe, die seiner Liebe Frucht
und die mit lauterm Triebe ihm zu gefallen sucht,
die andern so begegnet, wie er das Herz bewegt,
die segnet, wie er segnet, und trägt, wie er sie trägt.
Text: Philipp Spitta 1843
Melodie: Heinrich Schütz 1628/1661
Ein Text aus der Bibel
Jesus Christus spricht:
Ich bin der gute Hirte.
Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie -, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.
Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater.
Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie will ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.
(Johannes 10, 11-16.27f)

Gedanken zum Weiterdenken
Ich weiß gar nicht mehr, wo ich es gesehen habe, dieses Bild.
Es stand wohl in der hinteren Ecke eines Kramladens mit lauter ge-brauchten Dingen und wartete auf einen Käufer. Eine großformatige Darstellung von Jesus als dem guten Hirten, wie sie früher in manchen Haushalten zu finden war.
Das Bild wirkt wie aus der Zeit gefallen mit seinem weichgezeichneten und etwas kitschigen Stil. Die Art der Darstellung und auch die Bilder-sprache vom Schaf und den Hirten haben kaum noch eine Verbindung zu unserem modernen Alltag. Und so habe ich meine Zweifel, ob sich überhaupt noch eine Käuferin oder ein Käufer für diesen ollen Ladenhü-ter finden wird
Aber selbst, wenn diese Art von Bildern heute nicht mehr up to date ist, gibt es doch etwas an diesem alten Motiv vom guten Hirten, das auch in unserer Zeit immer noch Menschen anspricht und berührt. Wenn in Got-tesdiensten, bei Taufen, Trauungen oder Trauerfeiern der Psalm 23 ge-betet wird, bin ich immer erstaunt, welche Kraft in diesem Bild vom guten Hirten steckt. Wenn wir gemeinsam beten: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln …“ lässt sich manchmal spüren, wie sehr diese alten Worte Trost, Geborgenheit und Vertrauen vermitteln. Sie erinnern uns in ihrer ganz eigenen Sprache an unsere Beziehung zu Je-sus, zu Gott. Eine Beziehung, die nicht in erster Linie von uns selber ab-hängt.
Auch Jesus beschreibt mit so einem Bild seine Beziehung zu den Men-schen, die mit ihm verbunden sind: „Ich bin der gute Hirte. Meine Scha-fe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“
Gute Hirten wissen: Schafe haben manchmal Probleme mit der räumli-chen Orientierung. Aber sie sind hochintelligent, was das Einprägen von Bildern oder Tönen angeht. Schafe können auch nach Jahren noch ihren Hirten oder ihnen bekannte Artgenossen wiedererkennen.
Bei der Orientierung in ihrer Umwelt dagegen sind sie angewiesen auf die Stimme des Hirten oder das Bellen des Hütehundes, von dem sie Orientierung und Richtung erhalten.
Vielleicht ist diese Suche nach Orientierung und das Hören auf die rich-tigen Stimmen auch für uns Menschen heute aktueller denn je.
In der Menschheitsgeschichte hat es noch keine Generation gegeben, die so vielen Stimmen und Meinungen ausgesetzt war wie die heutige. Menschen in unserer Gesellschaft erreichen nach wissenschaftlichen Erhebungen jeden Tag durchschnittlich 90–120 Werbebotschaften mit hirnphysiologisch nachweisbarer Wirkung. Derzeit wird jeder Deutsche pro Tag mit rund 6.000 Informationen konfrontiert. Dazu kommt das Phänomen der Fake-News, die es uns immer schwerer machen, in dem lauten Durcheinander der Stimmen und Meinungen die Orientierung zu behalten.
Da stellt sich doch die Frage: Welcher Stimme folge ich?
In den sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Instagram kommt es entscheidend darauf an, wem ich folge, auf wessen Nachrichten und Bilder ich mich einlasse. Diese Quellen beeinflussen die Art, wie ich denke, und den Weg, den ich gehe.
Von daher kommt es für die Menschen, die sich an Jesus orientieren wollen, darauf an, seine Stimme aus den unzähligen Stimmen und dem Lärm der Zeit herauszuhören. „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir“.
Diese Art von „Schaf-Sein“ hat nichts mit einem gedankenlosen Mitlau-fen im Schutz der Herde zu tun, das auf eigenes Denken und Entscheiden verzichtet. Es beschreibt das Leben aus einem inneren Zentrum heraus, in dem ich mich mitten in allen Unsicherheiten und Kämpfen des Alltags geborgen und gehalten weiß. Es beschreibt das Wissen um eine Stimme, die es gut mit mir meint und die mir hilft, meinen – meinen eigenen – Weg zu finden. Das romantisch-kitschige Jesus-Bild mag in der heutigen Zeit ein Ladenhüter sein. Das Motiv vom guten Hirten bleibt aktuell.
Bitten zum Weiterbeten
So viele verschiedene Menschen und Stimmen wollen uns sagen wo’s langgeht: bei der Arbeit, im öffentlichen Leben, in der Politik. Du aber, Jesus Christus, du bist wahrhaftig unser guter Hirte.
Dich bitte ich:
Schütze uns vor den Wölfen, die ihre Unersättlichkeit ausleben: als skru-pellose Egoisten in der Finanzwelt, die mit den Lebensgrundlagen ande-rer Menschen zocken und dabei die Lebenschancen vieler einfacher Menschen verspielen; als korrupte Machtpolitiker, die nur auf ihren Vorteil aus sind und dabei das Wohlergehen der Gemeinschaft missach-ten; als Volksverhetzer, die Hass und Zwietracht säen mit ihren Lügen und ihrer Propaganda.
Herr, erbarme dich!
Hilf den Menschen, die verantwortungsvoll für das Wohlergehen mög-lichst aller arbeiten und ihre Kraft und Fähigkeiten für die Gemeinschaft einsetzen; gib gutes Gelingen denen, die nach tragfähigen Kompromis-sen suchen, die Frieden stiften und Versöhnung fördern.
Herr, erbarme dich!
Bewahre mich vor einer sinnlosen hektischen Betriebsamkeit, die keine Ruhe, keine Besinnung und kein Innehalten mehr kennt und dadurch Ziel und Orientierung verliert. Und schütze mich vor träger Trostlosigkeit in meinem Leben. Du bist die Vielfalt und das Bunte, lass mich die Freude und die Lust am Leben spüren.
Herr, erbarme dich!
Jesus Christus, mit deinen Worten bitte ich:
Mit Jesus beten
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.
Segen
Bewahre uns, Gott,
behüte uns, Gott,
sei mit uns durch deinen Segen.
Dein Heiliger Geist,
der Leben verheißt,
sei um uns auf unsern Wegen.
So segne und behüte uns Gott,
der lebendige und Leben schaffende,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.